Weltversammlung „Religions for Peace“ am Bodensee
900 Religionsvertreter aus aller Welt treffen sich zur Lösung aktueller Konflikte in Lindau
Lindau (epd). Ranghohe Religionsvertreter aus aller Welt beraten in der kommenden Woche am Bodensee über Wege zur Lösung aktueller Konflikte. Rund 900 Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern werden zu der Weltversammlung von „Religions for Peace“ (Religionen für den Frieden) in Lindau erwartet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird das interreligiöse Treffen am 20. August offiziell eröffnen. Bis zum 23. August tagen die Vertreter von insgesamt 17 Religionen – unter ihnen Christen, Muslime, Hinduisten, Buddhisten und Juden – im Dreiländereck im Grenzgebiet zu Österreich und der Schweiz.
Von der Konferenz mit dem Motto: „Für unsere gemeinsame Zukunft sorgen – das Gemeinwohl für alle fördern“ sollen zwei Initiativen ausgehen. Angesichts blutiger Anschläge auf Kirchen, Moscheen und Synagogen in diesem Jahr wollen sich die Spitzenvertreter von Glaubensgemeinschaften für einen weltweiten Schutz religiöser Stätten einsetzen. Zudem soll ein Projekt auf den Weg gebracht werden, um Frauen in Afrika vor sexueller Gewalt zu schützen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Gespräche zwischen Konfliktparteien
Einer der Schwerpunkte auf der Konferenz sind aber auch Gespräche zwischen Konfliktparteien verschiedener Länder, öffentlich oder, wenn dies zu heikel ist, in geschützten Räumen. So sind beispielsweise Beratungen von religiösen Vertretern aus Myanmar und Bangladesch vorgesehen über die Lage der muslimischen Minderheit der Rohingya. Delegationen aus den verfeindeten Staaten Iran und Vereinigte Arabische Emirate werden bei dem Treffen ebenso anwesend sein wie Repräsentanten aus Jerusalem und Nigeria. Eine von den Organisatoren angepeilte Quote soll dafür sorgen, dass der Anteil der Frauen und jüngeren Delegierten etwa bei jeweils 25 Prozent liegt. Inhaltlich begleitet und finanziell unterstützt wird die Konferenz vom Auswärtigen Amt.
Die Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) glaubt einer Umfrage zufolge, dass Religionen grundsätzlich zum Frieden beitragen können. 39 Prozent der Befragten in einer Yougov-Erhebung sind sogar der Ansicht, dass Glaubensgemeinschaften einen bedeutenden Beitrag zum Frieden in der Welt leisten.
Die Umfrage, über die die Zeitungen der Funke Mediengruppe zuerst berichteten, liegt dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor. Am hilfreichsten finden die Befragten demnach allgemeine Aufrufe zur Versöhnung (33 Prozent), gefolgt von konkreten Gesprächsangeboten (27 Prozent), Gesprächen auf politischer Ebene (23 Prozent) und Friedensappellen (21 Prozent).
Mehr Öffentlichkeit für das Thema Frieden und Religion
Das Meinungsforschungsinstitut befragte Ende Juli im Auftrag der Stiftung Friedensverantwortung der Weltreligionen und Zivilgesellschaft 2.034 Menschen online. Die Stiftung richtet die Weltversammlung in Lindau aus.
Geschäftsführer Ulrich Schneider wünscht sich mehr Öffentlichkeit für das Thema Frieden und Religion und erklärte, dass „Religions for Peace“ beispielsweise beim Krieg in Bosnien-Herzegowina vor 25 Jahren Muslime, Orthodoxe und Katholiken an einen Tisch gebracht und Gespräche vermittelt habe, die schließlich die Grundlage für den Friedensvertrag von Dayton, Ohio, geschaffen hätten.
Bei der Weltversammlung der Organisation „Religions for Peace“ (Religionen für den Frieden) beraten fast tausend Religionsvertreter über Möglichkeiten zur Lösung aktueller Konflikte. Solche Treffen der interreligiösen Organisation gibt es etwa alle fünf Jahre. Die am 20. August eröffnete Versammlung in Lindau ist das zehnte Treffen, das erste in Deutschland. Inhaltlich begleitet und finanziell unterstützt wird die Konferenz vom Auswärtigen Amt, das sich dafür ausspricht, Spitzenvertreter der Religionen verstärkt in Friedensvermittlungen einzubinden.
Seit 1973 von den Vereinten Nationen als Nichtregierungsorganisation registriert, vermittelte das Bündnis schon in zahlreichen Konflikten: unter anderem in Bosnien-Herzegowina, in Ruanda, im Kongo, im Irak und in Syrien. Auch nach Naturkatastrophen setzte sich die interreligiöse Allianz beispielsweise in Haiti, Nepal und Japan für die betroffenen Menschen ein. „Religions for Peace“ wurde 1961 als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg und die atomare Bedrohung im Kalten Krieg gegründet. Erklärtes Ziel ist es, durch ein Netzwerk internationaler Religionsvertreter Friedensarbeit in verschiedenen Krisen und Konflikten weltweit voranzutreiben. Heute gehören der Organisation Gruppen aus mehr als 100 Ländern an, die miteinander im Dialog sind.