Bischöfin Fehrs sieht Seenotrettung als „Grundgebot“
10.000 Menschen demonstrieren in Hamburg für ungehinderte Rettungseinsätze und sichere Fluchtwege
Hamburg (epd). In Hamburg haben mehr als 10.000 Menschen für eine unbehinderte Seenotrettung sowie sichere Fluchtwege demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 16.400 Teilnehmern. Der Marsch begann mit etwa 5.000 Menschen mit einer Kundgebung an den Landungsbrücken. Auf dem Weg zum Rathausmarkt stießen mehrere Tausend Menschen dazu.
„Wir dürfen nicht dulden, dass man Flüchtlinge auf See ertrinken lässt und auch nicht, dass sie angepöbelt und zusammengeschlagen werden“, sagte die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs zum Auftakt. „Denn wenn wir das zulassen, sind wir auf dem Weg in die Barbarei.“ Nirgendwo dürfe unwidersprochen hingenommen werden, wenn Menschenwürde verletzt wird, wie jetzt zum Beispiel in Chemnitz.
Die Rettung von Menschen aus Seenot sei „ein Grundgebot der christlichen Seefahrt“. „Wo, wenn nicht in Hamburg, wissen wir um die Gefahren des Meeres?“, fragte Fehrs. Seeleute könnten eine Menge erzählen von Unwettern und havarierten Schiffen, von Angst und vom „nassen Tod“. Es sei ein absolutes Tabu für jeden Seemann, achtlos an Schiffbrüchigen vorbeizufahren. „Seenotrettung first. Punkt“, sagte die Theologin.
Zeichen setzen für Menschlichkeit
Dennoch spiele sich im Mittelmeer gerade eine humanitäre Katastrophe ab. Nötig sei daher eine politische Lösung, damit alle europäischen Länder ihrer Verantwortung nachkommen und Flüchtlinge aufnehmen. Dies gelinge sicher nicht, wenn jedes Land sagt: Hauptsache ich nicht! „Politik darf nicht so Empathie-befreit sein“, sagte Fehrs. Darum sei es wichtig, in ganz Deutschland und in Hamburg ein Zeichen zu setzen für die Menschlichkeit. „Und damit wir konkret Leben retten - denn das ist es was zählt, auf See wie an Land.“
Der Demonstrationszug leuchtete orange, viele Teilnehmer trugen symbolisch Schwimmwesten oder T-Shirts in der gleichen Farbe. Auf Plakaten und Transparenten standen Parolen wie „Seebrücke statt Seehofer“, „Kein Adler braucht diesen Horst“ oder „Menschenrechte statt rechte Menschen“. Auf Twitter schrieb jemand: „Ich kann nicht glauben, dass ich dagegen protestieren muss, Menschen ertrinken zu lassen.“
Bei der Abschlusskundgebung sprach unter anderen der Kapitän des in Malta festgehaltenen Rettungsschiffs „Lifeline“, Claus-Peter Reisch. Die Demonstration war Teil einer bundesweiten Reihe von Veranstaltungen, die seit mehreren Wochen stattfinden. Organisiert wurde der Marsch von Organisationen aus verschiedenen Bereichen der Zivilgesellschaft. Auch Diakonie, Caritas und der Paritätische unterstützten die Aktion.