„Seelsorge ist die Muttersprache der Kirche“
Zuversicht ist nach Ansicht von Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs in einer Krise wie der Corona-Pandemie der wichtigste Hoffnungsfunke.
Hamburg (epd). Zuversicht ist nach Ansicht von Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs in einer Krise wie der Corona-Pandemie der wichtigste Hoffnungsfunke. „Ohne Zuversicht werden wir irre“, sagte sie am Montagabend in einer Online-Diskussion der Evangelischen Akademie der Nordkirche. Viele Menschen hätten zum ersten Mal reale Intensivstationen gesehen, über Monate habe ein „virologischer Imperativ“ gegolten, sagte Fehrs zum Thema „Ethisches Handeln in Corona-Zeiten“. Zugleich seien Fragen nach dem richtigen Maß, nach dem Verhältnis von Recht und Freiheit gestellt worden - im Blick auf Alte, Sterbende, Obdachlose, Kinder und Seeleute. „Seelsorge ist die Muttersprache der Kirche“, so die Bischöfin.
Nach den Worten von Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, hat Corona keineswegs nur die Virologie herausgefordert. Die Pandemie habe vor allem eine Vielzahl ethischer Konflikte aus allen Bereichen des Lebens beleuchtet, von der Medizin bis zu schwerwiegenden Eingriffen in die Grundrechte. Vor allem aber habe die Corona-Krise auch die Ressourcen und Möglichkeiten von Solidarität enorm erweitert. „Das Engagement von weiten Teilen der Zivilgesellschaft war die größte Solidaritäts-Aktion meines bisherigen Lebens“, sagte die in München lebende und arbeitende Medizinerin und Philosophin.
Markus Gabriel, Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Gegenwart in Bonn, bezeichnete diese Solidarität als einen „moralischen Fortschritt“. Zugleich habe es aber auch Rückschritte gegeben, etwa die Schließung von Grenzen - „als ob sich das Coronavirus davon beeindrucken ließe“. Die Rückbesinnung auf nationale Alleingänge sei geradezu „die Abkehr von globaler Solidarität“ gewesen, sagte Gabriel. Er bezeichnete die Corona-Pandemie als „Übungsplatz“ für alle anderen Krisen, die derzeit meist verdrängt würden.
Die Bonner Psychiaterin und Trauma-Expertin Ulrike Schmidt beklagte, dass die Corona-Pandemie über viel zu lange Zeit das einzige, vorherrschende Thema gewesen sei. Diese „Monothematik“ habe viele Menschen, die ohnehin unter sozialer Isolation litten, zusätzlich beschwert. Dabei sei in Trauma-Ambulanzen kaum etwas so wichtig, wie soziale Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten, gerade auch thematisch. Es gelte, „in Bewegung zu bleiben“ - für den Körper und den Geist, sagte sie.