Für eine sozialverträgliche, umfassende Bepreisung für CO2

Umwelt-Experten der EKD sehen wachsenden Handlungsdruck

Umwelt-Experten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), darunter der Umweltbeauftragte des Rates der EKD, Hans Diefenbacher, drängen auf eine sozialverträgliche, umfassende Bepreisung für den Ausstoß von klimaschädlichem CO2. Der EKD-Umweltbeauftragte erinnert gemeinsam mit Benjamin Held von der Forschungsstätte evangelische Studiengemeinschaft, und Ruth Gütter, Referat für Nachhaltigkeit im Kirchenamt der EKD in diesem Zusammenhang auch an das Ziel des Klimaschutzabkommens von Paris, bis 2050 eine klimaneutrale Gesellschaft zu erreichen:

„Der Handlungsdruck steigt: Die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris aus dem Jahr 2015 stehen in deutlichem Widerspruch zu der Tatsache, dass die globalen Treibhausgasemissionen im letzten Jahr einen historischen Höchststand erreichten. Zwar sind die Emissionen in Deutschland gesunken, die von der Regierung für 2020 verabschiedeten Ziele werden aber aller Voraussicht nach verfehlt werden, wenn nicht erheblich mehr geschieht als bislang zu erkennen ist. Eine klimaneutrale Gesellschaft bis 2050 zu erreichen – dieses Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, das sich auch die deutsche Regierung zu eigen gemacht hat – rückt derzeit in weite Ferne.

Der nunmehr geplante Kohleausstieg ist ein wichtiger Anfang einer Beschleunigung einer verantwortlichen Klimapolitik, aber auch er reicht allein bei weitem nicht aus. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre eine angemessene und umfassende CO2-Bepreisung, um einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, dass „Preise die ökologische Wahrheit sagen“. Wir rufen dazu auf, die Debatte um eine CO2-Bepreisung sachlich und möglichst ideologiefrei in Politik und Gesellschaft zu führen, um dann einen sinnvollen, wirksamen und zugleich effizienten und langfristig für alle Beteiligten kalkulierbaren Weg zur Umsetzung einer CO2-Bepreisung zu finden.

Wir sprechen uns für eine CO2-Bepreisung aus und zwar aus diesen Gründen:

Wenn ein angemessener Preis entrichtet werden müsste, könnten die Schäden, die durch die Freisetzung von CO2 entstehen, zumindest zu einem Teil bezahlt und Maßnahmen finanziert werden, die solche Schäden in Zukunft verhindern.

Das wäre:

a) gerecht, da diejenigen, die Schäden verursachen, auch dafür bezahlen, damit also das Verursacherprinzip umgesetzt würde.

b) ökologisch wirksam, weil umweltschädliche Produkte und Dienstleistungen teurer und umweltfreundlichere im Vergleich günstiger würden, was zu einer gewünschten Lenkungswirkung und damit einhergehend zu einer Reduktion der CO2-Emissionen führt.

c) ökonomisch sinnvoll, weil externe Kosten sichtbar gemacht und in den Markt integriert werden Es führt zu Wohlfahrtsgewinnen für die Gesellschaft, wenn Preise die wahren Kosten wiedergeben.“

Bei der Umsetzung einer CO2-Bepreisung empfehlen die Experten die folgenden vier Punkte:

Wichtig ist es, dass die Preise für CO2 sozialverträglich gestaltet werden.

Das ist gut möglich, da der Energieverbrauch und die verursachten CO2-Emissionen privater Haushalte mit deren Einkommen tendenziell ansteigen. Würde deswegen beispielsweise eine CO2-Bepreisung mit der Rückgabe der so generierten Staatseinnahmen durch einen Öko Bonus oder eine „Klimadividende“ gekoppelt, würden die ärmeren 50 % der Bevölkerung insgesamt profitieren, während vor allem die oberen 10 % belastet würden. Allerdings gilt dies nur im Durchschnitt. Auch in unteren Einkommensbereichen werden einige Haushalte belastet werden. Sie könnten mit zusätzlichen flankierenden Maßnahmen unterstützt werden. Die politischen Erfahrungen vor allem in Frankreich zeigen, wie wichtig eine sozialverträgliche Gestaltung von Eingriffen in das (Energie-)Preissystem ist.

Wichtig ist es, dass alle Sektoren (Strom, Wärme, Verkehr) in die Bepreisung von CO2-Emissionen mit einbezogen werden.

Dadurch werden zwischen den unterschiedlichen Energieträgern gleiche Wettbewerbsbedingungen hergestellt, was wiederum die Kopplung von Sektoren etwa bei der Elektro-Mobilität erleichtert und so zu einer effizienten Vermeidung von CO2-Emissionen führt. Internationale Lösungen z.B. über ein effizientes Emissionshandelssystem verstehen wir als wichtige Maßnahme, die jedoch leider zurzeit noch nicht die gewünschten Wirkungen entfaltet. Solange ein solches System jedoch keine alle sektorenumfassende und wirksame CO2-Bepreisung ermöglicht, sollten nationale Lösungen etwa über eine CO2-Steuer möglichst umgehend umgesetzt werden. Deutschland könnte hier eine Vorbildfunktion für andere Länder übernehmen. Dass dies möglich ist zeigen andere Länder wie etwa Schweiz oder Schweden.

Wichtig ist es, dass die CO2-Bepreisung gleichzeitig relevant ist und Planungssicherheit bietet.

Auch eine steuerliche Lösung sollte sich an den durch CO2-Emissionen verursachten Schadenskosten orientieren. Laut der neuen Methodenkonvention 3.0 des Umweltbundesamtes liegen diese Kosten derzeit bei rund 180 €/t CO2. Um die Preise sowohl für die Wirtschaft als auch die privaten Haushalte (sozial)verträglicher zu gestaltet, bietet sich dabei ein Einstieg mit einer niedrigeren CO2-Bepreisung (im Bereich 50-100 €/t CO2) an. Dieser Satz sollte jedoch in klar definierten und frühzeitig festgelegten Schritten angehoben werden, etwa um 5 Euro pro Jahr. Damit hätten Unternehmen und private Haushalte Planungssicherheit und könnten sowohl ihre Konsum- als auch ihre Investitionsentscheidungen entsprechend anpassen.

Wir empfehlen der Bundesregierung daher, insbesondere dem neu eingerichteten Klimakabinett, umgehend ein Konzept zu einer umfassenden, wirksamen und sozialverträglichen CO2-Bepreisung zu entwickeln und zügig umzusetzen. Entwürfe hierzu sind zahlreich vorhanden. Die CO2-Bepreisung allein ist natürlich nicht ausreichend für eine Beschleunigung des Klimaschutzes, aber sie ist ein wichtiger Baustein und die ökonomische Grundlage für viele weitere Klimaschutzmaßnahmen, die sich dann erst rechnen und deswegen auch dann erst umgesetzt werden.“

Die Umweltexperten der EKD erinnern daran, dass Christinnen und Christen durch die biblische Botschaft aufgerufen seien, nach Lösungen zu suchen, die sozial gerecht sowie generationengerecht sind, die der Bewahrung der Schöpfung dienen, die Verursacher in die Verantwortung nehmen und positive Anreize setzen, das persönliche, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhalten zu verändern: „Es geht um Verantwortung vor Gott, dem Nächsten und der Mitschöpfung. Als Christen und Christinnen glauben wir, dass Menschen mit Gottes Hilfe sich ändern können. Dafür positive Anreize zu setzen, lohnt sich. Jedoch müssen alle Verantwortung übernehmen: die Politik, die Wirtschaftsakteure und die Bürger und Bürgerinnen.“