Wer erfand die Taufe?

Die Ursprünge der Taufe und ihre Bedeutung

Tropfen fallen ins Wasser

Wasser gehört immer dazu, ob die Taufe in der Kirche oder in einem See oder Fluss stattfindet.

Taufe: Ein kleines Kind wird von seinen Paten zum Taufbecken in der Kirche getragen. Dort schöpft der Pfarrer oder die Pfarrerin ihm mit der Hand etwas Wasser aus dem Taufbecken über den Kopf. So wird hierzulande in den allermeisten Fällen getauft. Doch das ändert sich: Immer öfter finden Taufen auch unter freiem Himmel statt.

In der württembergischen Landeskirche zum Beispiel dürfen seit Beginn des Jahres 2019 Taufen auch in einem Fluss, einem See oder im Schwimmbad stattfinden. In anderen Landeskirchen gab es Taufen in öffentlichen Gewässern bereits früher: 2015 wurden in der braunschweigischen Landeskirche mehr als 50 Kinder und Jugendliche in einem Badeteich getauft. 2013 ließen sich Täuflinge im Weserstrandbad in Bremerhaven, 2015 in der Nordsee in Wilhelmshaven und 2017 in Köln-Deutz im Rhein untertauchen und wurden so Mitglied der Kirche. Die Täuflinge erschienen zu diesem Fest ganz in weiß, während die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im schwarzen Talar ins brusttiefe Wasser liefen.

Vorbild Johannes der Täufer?

Eine Taufe ist in jedem Fall ein ganz besonderes und einmaliges Ereignis – und viele Menschen wollen sie deshalb heute an ganz besonders schönen Orten feiern. In Frage kommen zum Beispiel auch Gärten oder Almwiesen. Das Untertauchen im Wasser dagegen ist eine alte Tradition, die es in anderen Kirchen schon immer gab: Es symbolisiert einen Neuanfang mit Gott. Alles Alte wird abgespült, und aus dem Wasser taucht der neue Mensch auf.

Das Vorbild hierfür findet sich in den Anfängen des Christentums: in der Taufe Jesu im Jordan durch „Johannes den Täufer“. Auch Jesus soll nach Auskunft des Johannes-Evangeliums selbst getauft haben - oder auch nicht. Da heißt es einmal in der Bibel: Jesus blieb mit seinen Jüngern eine Weile in Judäa „und taufte“ (Johannes 3,22), ein Kapitel später ist aber die Formulierung zu lesen: „…obwohl Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger“ (Johannes 4,2). Viele Bibelforscher halten für fraglich, dass Jesus es selbst tat. Aber woher kam die Taufe, heute eines der wichtigsten Sakramente, denn dann? Von „Johannes dem Täufer“? Vermutlich nicht einmal das.

Alles wird anders

Man muss sich Johannes als einen bescheidenen, hoch engagierten Endzeitprediger vorstellen, der wie zahlreiche andere zu seiner Zeit durchs Land zog und in seinen Reden gegen die Priesterklasse und ihre Kungelei mit der römischen Besatzungsmacht polemisierte und zur Umkehr aufrief. Dort, wo Johannes predigte und taufte, zum Beispiel am Toten Meer, war auch der Orden der Essener zuhause, Menschen die den Idealen der Armut und Askese folgten, um sich auf die baldige Ankunft eines Messias vorzubereiten. Sie predigten den politischen Wandel und das Ende der Römerherrschaft. In den legendären Schriftrollen der Essener ist beschrieben, dass sich mit dem Messias alles – Himmel wie Erde – von Grund auf ändern wird. Er wird die Gefangenen befreien, die Frommen auf den Thron setzen.

Symbol für ein neues Leben

Die radikal gesonnen Essener vollzogen regelmäßig rituelle Waschungen im Toten Meer, um sich von ihren Sünden zu befreien und auf den nahe bevorstehenden Umsturz vorzubereiten. Sie würden diese Waschungen aber nicht als Taufe verstanden haben. Johannes der Täufer stand ihnen religiös und politisch nahe, sagt der evangelische Theologe und Buchautor Walter-Jörg Langbein. Die Übereinstimmungen in den religiös-politischen Hoffnungen der Essener, von Johannes und von Jesus sind groß. Auch darin, dass es höchste Zeit ist, sich auf die nahe Ankunft des Messias vorzubereiten, zum Beispiel dadurch, dass man seine Sünden abwusch.

Jüdisches Tauchbad war allgemein verbreitet

Im Judentum ingesamt spielt die Reinigung in einem Bad, der Mikwe, eine große Rolle. Wo immer Archäologen im Heiligen Land antike Synagogen ausgraben, stoßen sie auch auf jüdische Reinigungsbäder: Das jüdische Tauchbad war allgemein verbreitet. Den Zeitgenossen von Johannes dem Täufer und Jesus war das Ritual des Eintauchens jedenfalls bestens vertraut.

Es gibt auch jüdische Religionswissenschaftler wie Pinchas Lapide, die bezweifeln, dass Johannes taufte. Er habe allerdings zur Selbsttaufe aufgerufen und sich als Zeuge dieses Rituals verstanden. Zur Begründung zieht Lapide die Handschrift „Codex Bezae“ vom Evangelium nach Lukas heran, in der es heißt: „Und sie tauften sich vor Johannes.“

Wenn heute evangelische Landeskirchen – auch aufgrund des starken Wunsches ihrer Mitglieder – die Taufe in einem Fluss oder See ermöglichen, dann hätte es einen ganz besonderen Glanz, wenn dabei auch etwas von der Radikalität des jüdischen und christlichen Lebens aufflammte. Eine Taufe nach dem Beispiel der Essener oder des Johannes ist kein frommes Ritual und auch kein magischer Schutzzauber, sondern die Symbolhandlung eines Gläubigen, der etwas in seinem Leben bewegen will und mit Veränderungen rechnet. Und der sich darauf entschlossen vorbereitet. Ein bisschen Essener-Denken, ein bisschen Qumran-Weisheit sollte in jedem stecken, der zur Taufe in Weser, Nordsee oder Neckar steigt.

Eduard Kopp

(Die ursprüngliche Fassung dieses Beitrages erschien 2019 in chrismon)

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