39. Robert Geisendörfer Preis für Hörfunk-, Fernseh- und Onlineproduktionen
Die feierliche Verleihung des Robert Geisendörfer Preises 2023 findet heute, den 4. Oktober 2023, beim Hessischen Rundfunk (hr) in Frankfurt am Main statt. In diesem Jahr in Verbindung mit einem Festakt zum 50-jährigen Jubiläum des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), dessen Gründungsdirektor Robert Geisendörfer war. 2023 erhalten insgesamt acht Produktionen den evangelischen Medienpreis. Die Jury „Allgemeine Programme“ vergibt jeweils zwei Preise für Hörfunk-, Fernseh- und Onlineformate. Die Jury „Kindermedien“ verleiht ebenfalls zwei Preise. Außerdem findet die Ehrung der Sonderpreisträgerinnen der Jury 2023 statt.
Die Jury „Allgemeine Programme“ des Robert Geisendörfer Preises unter Leitung des Vorsitzenden Kirchenpräsident Volker Jung zeichnete folgende Produktionen aus:
Hörfunk
Hörstück „Campo“:
Den Preis erhalten Laura Uribe (Autorin) und Friederike Wigger (Regisseurin). Deutschlandfunk Kultur 2022, Redaktion: Feature, Hörspiel, Radiokunst, Verantwortliche Redakteurin: Barbara Gerland. Begründung der Jury: In „Campo“ erzählt die mexikanische Journalistin, Regisseurin, Autorin und Künstlerin Laura Uribe die Geschichte der „Rastreadores“, mexikanischen Frauen auf der Suche nach ihren Angehörigen, die von Kartellen verschleppt, umgebracht und verscharrt wurden. Das dokumentarische Hörspiel verbindet unter der Regie von Friederike Wigger Spielszenen eines starken deutschen Schauspielensembles mit treffenden, beklemmenden Beschreibungen und Originaltönen aus Laura Uribes Begleitung der Suchaktionen. In der Mischung aus dokumentarischen und fiktionalen Teilen entsteht so ein Bericht, der atmosphärisch und mitreißend, erschreckend und drastisch, dabei aber nie voyeuristisch oder überbordend urteilend ist.
Hörstück „Ihre Angst spielt hier keine Rolle“:
Den Preis erhalten Beatrix Ackers (Regisseurin) und Marie von Kuck (Autorin). Deutschlandfunk 2022, Redaktion: Feature, Hörspiel, Radiokunst, Verantwortlicher Redakteur: Wolfgang Schiller. Begründung der Jury: Marie von Kuck lässt uns in ihrem Feature, das unter der Regie von Beatrix Ackers entstanden ist und von DLF Kultur ausgestrahlt wurde, aufhorchen. Frauen, die zum Opfer männlicher Gewalt werden, müssen oft genug hilflos mitansehen, wie sie zum zweiten Mal in die Opferrolle gedrängt werden: Im Streit ums Sorgerecht vor Gericht prallt, wer die erlittene Gewalt geltend machen will, allzu häufig an einer juristischen Grundhaltung ab, die das vermeintliche Kindeswohl immer nur bei beiden Eltern verortet.
Fernsehen
Film „Kalt“:
Den Preis erhalten Franziska Hartmann (Schauspielerin), Prof. Dr. Hans-Ullrich Krause (Autor) und Stephan Lacant (Regie). WDR 2022, Redaktion: Programmbereich Fiktion, Verantwortliche Redakteurin: Caren Toennissen. Begründung der Jury: Der Erzieherin Kathleen Selchow passiert das Schlimmste, was einer Erzieherin passieren kann: Bei einem Ausflug mit einer Kindergruppe im November auf ein Feld verschwinden unbemerkt zwei Kinder und sterben später. Dieser Film beschönigt nichts. Die Bilder sind entsättigt, kühler geht es kaum. Man durchlebt die Katastrophe mit ihr und fühlt die Einsamkeit der jungen Frau, die sich selbst ihre Schuld nicht vergeben kann. „Und vergib uns unsere Schuld“ – selten hat ein Film so eindrücklich gezeigt, wie wichtig und wie schwierig das ist: sich selbst und anderen vergeben zu können.
Dokuprojekt „Zum Schwarzwälder Hirsch“:
Den Preis erhalten André Dietz (Schauspieler, Mentor), die Küchencrew, Sascha Gröhl (Regie, Produzent) und Tim Mälzer (Fernsehkoch). VOX Television GmbH 2022, Verantwortliche Redakteure: Britta Eschenbach, Ulrich Klugius, Laura Pelzer. Begründung der Jury: Dreizehn motivierte Menschen mit Downsyndrom, im Behördensprech „nicht ausbildungsfähig“, lernen mit Unterstützung von Tim Mälzer und André Dietz Fertigkeiten in der Küche und im Service des Hofguts Himmelreichs, eines Inklusionbetriebs. Wobei das Lernen vice versa erfolgt. Besonders sind in diesem beispielhaften, spannenden Unterhaltungsformat die Genauigkeit, die Offenheit, der Respekt und das Vertrauen, aber auch die Präsentation der Schwierigkeiten und Hindernisse, die das Ausbildungsexperiment begleiten. Ein Lehrstück der Würde und Humanität – und hervorragendes Fernsehen.
Online
ZDF-Format „13 Fragen“:
Den Preis erhalten Niels Folta (Autor), Salwa Houmsi (Moderatorin), Katharina Lauck (Autorin) und Jo Schück (Moderator). ZDF, Produzent: Bastian Asdonk, HYPERBOLE MEDIEN GmbH, Verantwortlicher Redakteur: Prof. Dr. Stefan Münker (ZDF). Begründung der Jury: Statt Geschrei Argumente, statt Gräben zementieren echtes Aufeinanderzugehen – „13 Fragen“ ist ein Gesprächskulturformat, wie man es ansonsten nicht findet; weder auf Social Media noch sonst im öffentlichen Diskurs. Die Moderatoren Salwa Houmsi und Jo Schück geben die Spielregeln vor, ihre Gäste bewegen sich im Austausch der Argumente und durch Veränderungen ihrer Positionen auf einem Spielfeld mit farblich schraffierten Feldern aufeinander zu. Das funktioniert hervorragend. Man bleibt hängen, hört zu, denkt mit. „13 Fragen“ ist dabei durchaus anspruchsvoll. Das kluge Setting, die Themenwahl der Autoren Katharina Lauck und Niels Folta sorgen dafür, dass man dranbleibt. Und ein hervorragendes Diskursformat erlebt.
Podcast „Die Flut“:
Den Preis erhalten Till Krause (Head-Autor), Laura Krzikalla (Head-Autorin) und Marius Reichert (Host). WDR/SWR 2022, Autor*innen: Christina Nover und Constantin Pläcking (SWR), Sabine Büttner und Kay Bandermann (WDR), Projektleitung: Cynthia Walther (SWR), Ralf Becker und Christian Beisenherz (WDR), Schnitt: Sarah Fitzek, Christina Gabriel und Michael Franke (WDR), Sounddesign: Studio für Klangdesign (WDR), Musik: Volker Bertelmann. Begründung der Jury: Der Podcast „Die Flut“ bringt uns die Katastrophe im Ahrtal ganz nah: Die Geschichte der 22-jährigen Johanna, die in den Fluten ums Leben kam, steht für das Schicksal der 134 Opfer und geht den Hörerinnen und Hörern zu Herzen, trifft ins Gemüt und löst Fragen aus. Eine einfühlsame Reportage von WDR und SWR über eine Naturkatastrophe, die aufgrund der klimatischen Veränderungen nicht die letzte in unserem Land gewesen sein könnte.
Kindermedien
Die Jury „Kindermedien“ des Robert Geisendörfer Preises verleiht unter Leitung des Vorsitzenden Udo Hahn ihre Preise an folgende Produktionen:
Dokuserie „#Ukraine – mein Land im Krieg“:
Den Preis erhalten Susanne Brahms (Produzentin), Mitya Churikov (Regisseur) und Michaela Herold (verantwortliche Redakteurin). Radio Bremen, Co-Produktionen mit rbb/SWR/MDR/HR und KiKa, Produktionsfirma: blindCat Documentary GmbH 2022, Redaktion: PB Gesellschaft & Entertainment, Verantwortliche Redakteurin Radio Bremen: Michaela Herold. Begründung der Jury: In der zehnteiligen Dokureihe erzählen Kinder aus der Ukraine von ihrem Alltag im Krieg. Die Filme führen den im Frieden lebenden deutschen Kindern vor Augen, vor welche Herausforderungen Gleichaltrige durch den Krieg gestellt werden. Diese Art der Berichterstattung macht die Folgen und Auswirkungen einer derartigen Katastrophe auch für eine junge Zielgruppe greifbar. Die Reihe weckt Empathie und Mitgefühl, sie verdeutlicht, was Krieg bedeutet, ohne Ängste zu schüren.
Hörspiel „Der schönste Tag im Leben“:
Den Preis erhalten Andreas Kaufmann (Autor) und Bernhard Schütz (Sprecher).
rbb Co-Produktion NDR 2022, Redaktion: Familie & Kinder/ OHRENBÄR, Verantwortliche Redakteurin: Sonja Kessen. Begründung der Jury: Das Hörspiel über eine aufmüpfige Eintagsfliege aus der RBB-Reihe „Ohrenbär“ vermittelt Resilienz und Zukunftskompetenz. Die Jury lobt das Hörspiel als gleichermaßen tiefgründig wie unprätentiös, zumal die Geschichte nicht nur auf unterhaltsame Weise informativ ist, sondern auch zu einer zuversichtlichen Haltung animiert: weil sie verdeutlicht, was alles möglich wäre, selbst wenn man nur einen Tag Zeit hätte.
Sonderpreis der Jury 2023
Die Jury des Robert Geisendörfer Preises 2023 würdigt in diesem Jahr „Into the Wild“, ein Mentoring-Programm für junge Filmemacherinnen. Der Sonderpreis geht an: Isabell Šuba und Catalina Flórez. Begründung der Jury: Den Filmnachwuchs in Deutschland fördern viele Programme, aber selten passiert das so konsequent und zielgerichtet wie bei „Into the Wild“. Das von Isabell Šuba initiierte und von Catalina Flórez koordinierte Programm vernetzt Absolventinnen aller Filmhochschulen in
Deutschland mit Mentorinnen aus der Branche und erleichtert so den Einstieg in ein immer noch stark männlich geprägtes Arbeitsumfeld. Die Nachhaltigkeit der Arbeit und die Selbstverpflichtung zu Weiterentwicklung und Diversität zeichnen „Into the Wild“ aus und machen das Programm besonders zukunftsfähig und fördernswert.
Moderiert wird die Verleihung der Robert Geisendörfer Preises von der Journalistin und Moderatorin Anne Chebu. An dem Wettbewerb beteiligen sich jährlich öffentlich-rechtliche und private Rundfunkveranstalter sowie Verantwortliche und Kreative von Onlineformaten. Ausgezeichnet werden Hörfunk-, Fernseh- und Onlineformate aus allen Programmsparten, die das persönliche und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken, zum guten Miteinander von Einzelnen, Gruppen, Völkern und zur gegenseitigen Achtung der Geschlechter beitragen. Die Preise sind jeweils mit 5.000 Euro dotiert, der Sonderpreis ist undotiert.
Bildmaterial von der Preisverleihung und den einzelnen Preisträgerinnen und Preisträgern finden Sie am Abend der Preisverleihung ab 21.30 Uhr zum Download unter: https://www.geisendoerferpreis.de/presse
Gerne vermitteln wir auch Interviewwünsche mit den Preisträgerinnen und Preisträgern. Pressekontakt am Tag der Preisverleihung: Torsten Spille, Tel.: 0170 6085496.
Hannover, 4. Oktober 2023
Pressestelle der EKD