Explorative Strategietagung für künftiges Kirche-Sein lieferte wertvolle Einsichten
Der Dreh in den Haltungen, Abläufen und Strukturen
Es war eine echte Premiere: Vom 23.09.2024 bis 25.09.2024 kamen erstmals 30 kirchliche Mitarbeitende aus ganz Deutschland in Frankfurt Höchst zusammen, die alle in ihren Landeskirchen mit „Gemeinden auf Zeit“ zu tun haben: Die Festival-Seelsorge war genauso vertreten wie das Pilgern, die Campingseelsorge, innovative Pop-Up-Projekte in der Kirche oder der große Bereich von „Kirche und Tourismus“ an Nord- und Ostsee oder in den Bayerischen Alpen.
Alle Eingeladenen brachten eine Vielzahl von Erfahrungen mit, was es heißt, mit Menschen „Kirche auf Zeit“ zu sein, die die Kirche nur punktuell und zu besonderen Zeiten wie dem Urlaub aufsuchen. Obenauf lagen Fragen, die derzeit die Evangelische Kirche in Deutschland (ekd) besonders herausfordern: Was muss sich in der Kirche ändern, wenn unsere Gesellschaft immer mobiler wird und Menschen nicht mehr in Kirchengemeinden, sondern von Zeit zu Zeit und an verschiedenen Orten an Kirche „andocken“?
„Sie ziehen von einer Kraft zur andern“ war das biblische Motto aus Psalm 84 dieser explorativen Tagung. Eingeladen hatte der Konvent „Kirche im Tourismus“ der ekd.
Neu war, dass es in dieser Tagung weder Fachvorträge noch eine strenge Zielvorgabe gab. Stattdessen ginge es darum, die vielen positiven Erfahrungen und das strukturelle Wissen der Teilnehmenden zu nutzen, um daraus eine Strategie für eine „Kirche auf Zeit“ zu entwickeln.
Aus diesem Diskurs entstanden sieben Thesen für künftiges Kirche-Sein, die nun auf EKD-Ebene weiter diskutiert und konkretisiert werden, bevor sie veröffentlicht werden. Sie unterstreichen, dass das dominante Paradigma wohnortnaher und dauerhafter Fundierung kirchlicher Strukturen zu hinterfragen ist, um den Menschen von heute gerecht werden zu können. Neben festen kirchengemeindlichen Strukturen braucht eine künftige Kirche fluide Möglichkeiten, „Kirche geschehen zu lassen“. Im besten Fall ergänzen sich beide Formen von Gemeinden und befruchten sich gegenseitig.
Darüber hinaus hat Kirche Zukunft, wenn Sie gastfreundlich ist – gastfreundlich, weil alle Gastgebende und Gäste aus dem schöpfen, was sie empfangen haben. Eine Haltungsänderung ist erforderlich. Es braucht nicht nur eine Offenheit für Menschen, die neugierig sind. Es gilt auch, Neugier und die Ahnung zu wecken, hier etwas zu entdecken, was sie im Alltag oft nicht finden können.
Dass diese Entwicklungen auch Folgen für kirchenrechtliche Ordnungen und die Organisation von kirchenleitenden Gremien haben müssen, liegt für die Tagungsteilnehmenden auf der Hand und wurde auf der Tagung ebenfalls konkretisiert. Für Synoden der mittleren Ebenen ist beispielsweise eine neue Art der profilierten Zusammensetzung beschrieben worden.
Alles in allem ist es das Evangelium, das in diesen Strukturveränderungen und Haltungsänderungen maßgebend bleibt. An ihm wird sich künftiges Kirche-Sein orientieren müssen, das auch die Menschen im Blick hat, die schon jetzt und künftig mehr in Bewegung sind.
„Ich bin davon begeistert, wie hier unterschiedliche Mitarbeitenden aus verschiedenen Landeskirchen Deutschlands zusammenkommen und ihre Erfahrungen so teilen, dass für unsere evangelische Kirchen etwas in den Blick kommt, das in der Lage ist, den Befunden der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zu begegnen. Das macht Hoffnung“, meint OKR Andreas Jensen, Referent für Seelsorge, Gemeindeformen, Gottesdienst im Kirchenamt der EKD und einer der Organisatoren der Tagung. .
Und eine Teilnehmerin meinte: „In diesen Zeiten, in denen so oft davon die Rede ist, dass Kirche an Bedeutung verliert, tut es gut zu erleben, wie viel Kraft in so vielen Bereichen der Kirche herrscht, die oft gar nicht so im Blick sind“. Es sind solche Angebote wie Berggottesdienste bei Sonnenaufgang, Pilgern, Fußwaschungen auf der Reeperbahn oder die Möglichkeit, sich in einer Schaukel in einer großen gotischen Kirche segnen zu lassen, die viele Menschen in Bewegung bringen und oft genug damit überraschen: So ist Kirche zuweilen schon jetzt: – spontan, offen, unkompliziert und immer Gott und den Menschen im Blick.