Wechselseitige Abendmahlsteilnahme für Protestanten und Katholiken
Führende Theologen plädieren für Teilnahme an Abendmahlsfeier der anderen Konfession ab 2021
Frankfurt a.M./Magdeburg (epd). Ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten ist zwar noch nicht in Sicht. Doch das Votum führender evangelischer und katholischer Theologen für die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl könnte einen Schritt in diese Richtung bedeuten. Eine Teilnahme an der Abendmahlsfeier der jeweils anderen Konfession soll möglich sein – ohne die bestehenden Unterschiede zu leugnen. Das ist der zentrale Punkt des am 11. September in Frankfurt vorgestellten Papiers zur gemeinsamen Abendmahlspraxis des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen.
Die Autoren sind Theologen aus den beiden großen Kirchen. „Ich sehe darin einen wichtigen und gangbaren Schritt auf dem Weg hin zu einer sichtbaren Einheit unserer beiden Kirchen“, sagte der Limburger katholische Bischof Georg Bätzing. Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, sprach von einem „bahnbrechenden Dokument“.
„Die Sehnsucht wächst“
Das Votum der Theologen „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ bezieht sich nicht auf ein „gemeinsames Abendmahl“, das ein Zeichen für die sichtbare Einheit der Kirche wäre. Aber: „Die Sehnsucht wächst, dass uns dies zu unseren Lebzeiten geschenkt wird“, sagte Bätzing. Es gehe nicht um die sogenannte Interzelebration – also einer gemeinsamen Feier mit gemeinsamer Liturgie, betonte Hein. Jedoch mache das Dokument deutlich, dass es keine theologischen Gründe gebe, die Glieder der anderen Konfession vom Abendmahl auszuschließen.
Zehn Jahre lang habe man an der Studie gearbeitet, sagte die Professorin für Ökumenische Theologie, Dorothea Sattler, bei der Vorstellung. Dass am Ende der Arbeit ein gemeinsames Votum stehe, sei nicht selbstverständlich gewesen. Sattler ist die katholische Leiterin des Arbeitskreises. „Wir formulieren eine Möglichkeit für eine gemeinsame Abendmahlspraxis und hoffen, dass diese bald Wirklichkeit wird“, sagte der Tübinger Kirchenhistoriker Volker Leppin, der evangelische Leiter des Arbeitskreises. Bislang hat der Text keine bindende Kraft.
Damit aus dem Text auch Praxis wird, brauche es eine theologische Rezeption, betonten Hein und Bätzing gleichermaßen. Er hoffe, dass das Dokument bereits mit Blick auf den dritten Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt „zu einer solide begründeten und zugleich vorsichtig verantwortbaren Öffnung“ der bisherigen Praxis beitrage, erklärte Bätzing. Der katholische Ökumenebischof Gerhard Feige (Magdeburg) lobte die Möglichkeiten, die das Papier biete. Er sagte, dass dies in den Gremien der katholischen Deutschen Bischofskonferenz diskutiert werden müsse. Er hoffe, bald zu einer guten Lösung kommen.
Jesus Christus ist der Einladende
Ein wesentlicher Grund für die Kirchentrennung, die in einem fehlenden gemeinsamen Abendmahl sichtbar wird, ist das Ämterverständnis in der katholischen und evangelischen Kirche. Im Arbeitskreis habe sich die Auffassung durchgesetzt, dass nicht die handelnden Geistlichen im Zentrum der Feier stünden, sondern Jesus Christus als der Einladende, hieß es. Fragen des Amtsverständnisses seien dagegen nachrangig.
Für Evangelische wie für Katholiken könne der Text allerdings auch „eine Zumutung“ bedeuten, sagte Kirchenhistoriker Leppin. Evangelische müssten beispielsweise aushalten, dass in einer katholischen Messe für Bischof und Papst Fürbitte gehalten wird. Somit werde die Frage der Teilnahme noch stärker zu einer Gewissensentscheidung der einzelnen Gläubigen.
Franziska Hein (epd)