Organtransplantationen

Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD, Gemeinsame Texte 1, 1990

6. Folgerungen und Empfehlungen

Mit Dank und Respekt wissen die Kirchen zu würdigen, welche neuen Wege medizinische Forschung und ärztliche Heilkunst eröffnet haben. Menschen, die wegen unheilbarer Erkrankung eines lebenswichtigen Organs bitterem Siechtum oder alsbaldigem Sterben ausgesetzt sind, können Hilfe erfahren, wenn ihnen durch Transplantation ein neues Organ eingesetzt werden kann. Manchen Menschen mag es schwerfallen mitzuvollziehen, welch raschen Fortgang wissenschaftliche Erkenntnisse und ihre praktische Anwendung nehmen. Dürfen wir alles in die Tat umsetzen, was wir können? Die unantastbare Würde des Menschen bestimmt die Grenzen, die unbedingt zu achten und einzuhalten sind. Im Blick auf die Möglichkeiten, die die Transplantationschirurgie erschlossen hat, kann die Einsicht weiterhelfen, daß sie dem recht verstandenen Wohl des Menschen zu dienen vermag. Verantwortliches Mitdenken aller ist darum erforderlich, damit ärztlichem Können gebührendes Vertrauen und öffentliche Unterstützung entgegengebracht werden.

Wir wissen, daß unser Leben Gottes Geschenk ist, das er uns anvertraut hat, um ihm die Ehre zu geben und anderen Menschen zu helfen. Diese Bestimmung unseres Lebens gilt bis zum Sterben, ja möglicherweise über den Tod hinaus. Denn irdisches Leben schwerkranker Menschen kann gerettet werden, wenn einem soeben Verstorbenen lebensfähige Organe entnommen werden dürfen, um sie zu transplantieren. Wer darum für den Fall des eigenen Todes die Einwilligung zur Entnahme von Organen gibt, handelt ethisch verantwortlich, denn dadurch kann anderen Menschen geholfen werden, deren Leben aufs höchste belastet oder gefährdet ist. Angehörige, die die Einwilligung zur Organtransplantation geben, machen sich nicht eines Mangels an Pietät gegenüber dem Verstorbenen schuldig. Sie handeln ethisch verantwortlich, weil sie ungeachtet des von ihnen empfundenen Schmerzes im Sinne des Verstorbenen entscheiden, anderen Menschen beizustehen und durch Organspende Leben zu retten.

In diesem Zusammenhang wird deutlich, wie wichtig es ist, das allgemeine Bewußtsein für die Notwendigkeit der Organspende zu vertiefen. Es warten viele Schwerkranke bzw. Behinderte auf ein Organ, weit mehr als Organe für Transplantationen zur Verfügung stehen. Die Ärzte und ihre Mitarbeiter, aber auch die christlichen Gemeinden, sind aufgerufen, ihren Beitrag zur sachlichen Aufklärung der Bevölkerung zu leisten, um mehr Möglichkeiten da Transplantation zu verwirklichen. Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten.

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