Christen im irakischen Parlament
Die irakische Verfassung von 2005 garantiert der christlichen Glaubensgemeinschaft zwar fünf Sitze im Parlament in Bagdad. Die Kandidaten für diese Sitze werden allerdings nicht allein von den christlichen Wählerinnen und Wählern bestimmt, sondern von allen im jeweiligen Wahlbezirk, auch den muslimischen Wahlberechtigten. So kamen bei den letzten Parlamentswahlen im Oktober 2021 auf vier dieser fünf Sitze Abgeordnete, von denen sich die allermeisten Christinnen und Christen nicht repräsentiert fühlen. Sie werfen ihnen vor, die Interessen der Schiiten zu vertreten. Kirchenführer im Irak fordern deswegen eine Änderung des Wahlrechts, damit die Kandidaten für diese fünf den Christen garantierten Sitze nur von Christinnen und Christen gewählt werden können.
Der Patriarch sucht die Konfrontation
Dieser Vorschlag stieß bisher auf großen Widerstand. So kam es Anfang 2023 zu Hetzkampagnen gegen das Oberhaupt der chaldäischen Kirche, Kardinal Louis Sako. Er hatte dem schiitischen Milizenführer Rayan al-Kildani, dessen Gefolgsleute vier der fünf Parlamentssitze innehaben, gedroht, ihn vor einem internationalen Gericht zu verklagen, weil er Eigentum von Christen in der Niniveh-Ebene gestohlen haben soll. Die irakische Regierung stellte sich auf die Seite des Milizenführers und aberkannte im Sommer 2023 dem chaldäischen Patriarachen die Autorität über Eigentums- und Finanzfragen seiner Kirche. Kardinal Sako verlegte daraufhin seine Residenz von Bagdad nach Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Erst im Juni 2024 kehrte er wieder zurück nach Bagdad, nachdem die Regierung seine volle Autorität als „Patriarch der chaldäischen Kirche im Irak und der ganzen Welt“ wieder anerkannt hatte.
Katja Dorothea Buck