Völkermord und Vertreibung der Jesiden

Die Situation der Jesiden ist noch dramatischer als die der Christen im Irak. Jesiden werden in weiten Kreisen der muslimischen Mehrheitsbevölkerung im Irak als Ungläubige gesehen. 2014 verübte die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) außerdem einen brutalen Völkermord an den Jesiden.

Die Situation der Jesiden ist noch dramatischer als die der Christen im Irak. Aus islamischer Sicht gehören sie nicht zu den sogenannten Buchreligionen wie die Christen. Das sich hartnäckig haltende Vorurteil, sie würden eigentlich den Teufel anbeten, war in der Geschichte immer wieder Grund, sie blutig zu verfolgen. Bis heute werden Jesiden in weiten Kreisen der muslimischen Mehrheitsbevölkerung im Irak als Ungläubige gesehen.  

2014 verübte die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) einen brutalen Völkermord an den Jesiden. In nur wenigen Tagen brachten sie 10.000 Jesidinnen und Jesiden jeden Alters auf grausame Weise um. 7.000, vor allem Frauen und Mädchen, wurden verschleppt und als (Sex)-Sklavinnen an IS-Kämpfer verkauft. Einige konnten sich selbst befreien oder wurden mit hohen Lösegeldsummen von ihren Familien freigekauft. 3.000 sind aber noch immer in Gefangenschaft.  Der deutsche Bundestag hat den Völkermord an den Jesiden im Januar 2023 anerkannt.  

Ihr traditionelles Siedlungsgebiet ist das Gebiet um die Stadt Sindjar im Nordwesten des Irak. Vor zwanzig Jahren lebten dort etwa 700.000 Jesiden. Als der IS im Sommer 2014 mit seinen Truppen die Menschen dort einzukesseln versuchten, flohen Hunderttausende in die Autonome Region Kurdistan oder ins Ausland. In Flüchtlingslagern im Nordirak leben noch bis zu 300.000. Offiziell gilt das Sindjar-Gebiet als befreit. Doch vieles wurde zerstört und noch nicht wieder aufgebaut. Außerdem ist die Region politisch nicht stabil.  

In Deutschland sollen mittlerweile zwischen 100.000 und 200.000 Jesiden leben, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen. Sie sind die größte jesidische Gemeinschaft außerhalb des Irak. Weltweit gibt es etwa eine Million Jesidinnen und Jesiden.  

Ihre Religion gehört zu den ältesten monotheistischen Religionen, älter noch als das Judentum. Wie alt das Jesidentum genau ist, konnte bis heute nicht eindeutig festgestellt werden. Denn schriftliche Zeugnisse gibt es kaum noch. Viel ging verloren und wurde zerstört in den Verfolgungen der letzten Jahrhunderte. Der Genozid von 2014 ist aus jesidischer Sicht bereits der 74. in ihrer langen Geschichte.  

Katja Dorothea Buck