Zur Situation und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Eine Ergänzung zu den Empfehlungen der EKD und des E-TFT „Das Zusammenwirken von Landeskirchen und Theologischen Fakultäten in Deutschland“, 2018
3. Möglichkeiten und Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Es haben sich bereits konkrete Instrumente der Nachwuchsförderung seitens der Kirchen bewährt, die beispielhaft sind und Anregungen bieten können. Promotions- und Habilitationsstipendien, Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach dem Vikariat, Abschlussförderungen, Preise für wissenschaftliche Arbeiten, Zuschüsse für Studienreisen und Druckkostenzuschüsse für die Veröffentlichung von Qualifikationsarbeiten sind hier zu nennen. Diese Maßnahmen tragen zur Förderung wissenschaftlicher Theologie in hohem Maße bei und zeigen die Wertschätzung der Wissenschaft durch die Kirchen. Es wäre der gegenwärtigen Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses sehr zuträglich, wenn diese Förderungen nicht nur weiterhin bestehen, sondern auch nach Möglichkeit ausgebaut werden könnten.
Optionen wie berufsbegleitende Vikariate und Vikariate in Teilzeit oder im Ehrenamt sowie Verkürzungen der Vikariate, Freistellungen und die Anerkennung von Promotionsleistungen für die Zweite Theologische Prüfung, die bereits in einigen Landeskirchen eingeräumt werden, sind gute Möglichkeiten der Verbindung von wissenschaftlicher Qualifikationsphase und kirchlicher Laufbahn. Zu begrüßen ist eine Unterstützung von Promotionen auch im Anschluss an das Vikariat, wie dies in einzelnen Landeskirchen – etwa in Form kirchlicher wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterstellen für bereits Ordinierte – schon geschieht. Dadurch können in besonderer Weise die Erfahrungen aus der kirchlichen Praxis für die wissenschaftliche Arbeit fruchtbar gemacht werden und umgekehrt wissenschaftliche Erkenntnisse wieder in die Praxis zurückfließen.
Zusammenfassend gibt die Gemischte Kommission für die Reform des Theologiestudiums auf Vorlage der Fachkommission I folgende Anregungen und Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Landeskirchen und Theologischen Fakultäten bzw. Instituten bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses:
Insgesamt sollte die Flexibilität im Hinblick auf eine mögliche Koordination von wissenschaftlicher Qualifikation und Vikariat bzw. kirchlichem Dienst gesteigert sowie der Entscheidungsdruck im Hinblick auf die Gestaltung des jeweiligen Berufsweges vermindert werden.
Insbesondere sind die Landeskirchen gebeten,
- die wissenschaftliche Arbeit des potentiellen kirchlichen Nachwuchses wertzuschätzen und, wo dies möglich, sinnvoll und gewünscht ist, einzubeziehen,
- die Kommunikation mit dem wissenschaftlichem Nachwuchs zu gestalten und aufrechtzuerhalten,
- durch Angebote von berufsbegleitenden Vikariaten, Vikariaten in Teilzeit oder im Ehrenamt sowie gegebenenfalls durch Anerkennung bestimmter an den Theologischen Fakultäten bzw. Instituten erbrachter Leistungen das Absolvieren der zweiten theologischen Ausbildungsphase parallel zu einer Tätigkeit an einer Theologischen Fakultät bzw. einem Institut zu ermöglichen,
- während der Promotion erworbene Fähigkeiten und Kompetenzen im Kontext der zweiten theologischen Ausbildungsphase auf ihre mögliche Äquivalenz hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzuerkennen,
- die Dauer der zweiten theologischen Ausbildungsphase gegebenenfalls durch die Anerkennung der Dissertation als Prüfungsleistung (wissenschaftliche Hausarbeit) im Rahmen der Zweiten Theologischen Prüfung zu verkürzen,
- die Altersgrenzen für den Einstieg in das Vikariat und den kirchlichen Dienst zu flexibilisieren sowie privatrechtliche Dienstverhältnisse in Vikariat und Pfarrdienst zu ermöglichen,
- Ordinationen und kirchliche Beauftragungen von wissenschaftlich qualifiziertem Personal zu ermöglichen (zum Beispiel über das Pfarrdienstverhältnis im Ehrenamt),
- Beurlaubungen aus dem kirchlichen Dienst zum Zweck wissenschaftlicher Weiterqualifikation und der Wahrnehmung von Lehraufgaben zu ermöglichen.
Insbesondere sind die Theologischen Fakultäten bzw. Institute gebeten,
- Übergänge vom Studium zur Promotion sowohl finanziell als auch inhaltlich vorausschauend zu gestalten, zum Beispiel durch Kurzzeitstipendien und Exposé-Workshops, die gezielt auf den Beginn der Promotion vorbereiten,
- durch Freistellung, zeitweilige Teilanstellung bzw. Rücksichtnahme in Zeit- und Terminplanung eine zur Tätigkeit an einer Theologischen Fakultät bzw. einem Institut parallele zweite theologische Ausbildungsphase zu ermöglichen,
- dauerhafte Berufsperspektiven aufzuzeigen und anzubieten,
- durch eine intensive wissenschaftliche Begleitung Qualifikandinnen und Qualifikanden bei der Fertigstellung ihrer Arbeiten zu unterstützen,
- den notwendigen Freiraum für die eigene wissenschaftliche Arbeit einzuräumen,
- für einen zügigen Abschluss der Promotions- und Habilitationsverfahren Sorge zu tragen,
- Erwartungen und Anforderungen an den wissenschaftlichen Mittelbau möglichst transparent zu kommunizieren,
- Doktorandinnen und Doktoranden möglichst früh einen umfänglichen Einblick in den Wissenschaftsbetrieb zu gewähren, um diese bei beruflichen Entscheidungen zu orientieren,
- die Übergänge in den kirchlichen Dienst aktiv mitzugestalten.
In Theologischen Fakultäten bzw. Instituten und Landeskirchen sind Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einzubeziehen, sodass ein familienfreundliches Arbeitsumfeld erhalten und gegebenenfalls ausgebaut wird. Ferner ist zu empfehlen, die gegebenen Fördermöglichkeiten nach Möglichkeit transparent zu machen und den wissenschaftlichen Nachwuchs kontinuierlich darüber zu informieren.
Die angeführten Ergänzungen zur Situation und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wollen als Konkretion der bereits vorausgegangenen Gespräche über die Zusammenarbeit von evangelischen Kirchen und Theologischen Fakultäten bzw. Instituten verstanden werden. Dabei ist ausdrücklich hervorzuheben, dass bereits viele kreative Wege beschritten worden sind, die dazu dienen, das gemeinsame Anliegen von Kirchen und Fakultäten einer guten wissenschaftlich-theologischen Ausbildung zu fördern. Daran knüpft das vorliegende Ergänzungspapier an.
Eine Ergänzung zu den Empfehlungen der EKD und des E-TFT „Das Zusammenwirken von Landeskirchen und Theologischen Fakultäten in Deutschland“, Dezember 2018