Zum Umgang mit Menschen ohne Aufenthaltspapiere
1. Einleitung
In den letzten Jahren wenden sich vermehrt Menschen, die in Deutschland leben, ohne dafür einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu besitzen, an Kirchengemeinden und Beratungsstellen der Diakonie. Sie stellen eine zunehmend dringlichere Anfrage an die christliche Beistandspflicht zugunsten von heimatlosen Fremden. Einige Landeskirchen haben diese Problematik bereits in Form von Arbeitshilfen und Handreichungen aufgegriffen [1]. Die Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung unter den Kirchengemeinden und Beratungsstellen im Bereich der Ev. Kirche im Rheinland und der Ev. Kirche von Westfalen, die von der gemeinsam getragenen „Projektstelle Illegalität” durchgeführt worden war, wurden Ende 2002 im Rahmen einer Fachtagung vorgestellt [2]. Für die Stadt Frankfurt/M. liegt eine empirische Studie zur Situation von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus vor, die vom Evangelischen Regionalverband Frankfurt am Main und dem Diakonischen Werk in Hessen und Nassau e.V. in Auftrag gegeben worden war [3].
Bis jetzt hat sich in Deutschland kein einheitlicher Sprachgebrauch für den vor Augen stehenden Personenkreis durchgesetzt [4]. Die gängigen Bezeichnungen legen jedoch tendenziell den Akzent auf eine rechtliche Sichtweise: Menschen ohne Aufenthaltsrecht, Ausländer ohne legalen Aufenthaltsstatus, irreguläre Zuwanderer oder Menschen in irregulären Lebenssituationen. Häufig wird abgekürzt von „Illegalen” oder „Illegalisierten” gesprochen. Dabei werden von vornherein negative Assoziationen hervorgerufen, die diesen Personenkreis in die Nähe der Kriminalität rücken [5].
Für den Sprachgebrauch im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland wird hier die Bezeichnung „Menschen ohne Aufenthaltspapiere” vorgeschlagen. Damit wird einerseits dem vorherrschenden rechtlichen Aspekt Rechnung getragen, ohne dabei aus dem Blick zu verlieren, dass es um die Schicksale konkreter Menschen geht. Zum anderen ist diese Bezeichnung sachlich neutral gegenüber den vielfältigen Formen und Ursachen von „Illegalität”. Menschen ohne Aufenthaltspapiere sind demnach alle diejenigen, die weder einen Aufenthaltstitel noch eine Duldung besitzen und damit in der Regel auch nicht behördlich registriert sind.