Drei Fragen an Emanuel Youkhana

Emanuel Youkhana, Leiter des christlichen Hilfswerks CAPNI in Dohuk
Archimandrit Emanuel Youkhana leitet das christliche Hilfswerk CAPNI in Dohuk

Was ist die größte Herausforderung, wenn man im Irak zu einer Minderheit gehört?

Es ist der Kampf um gleiche Rechte und offizielle Anerkennung. Minderheiten im Irak werden diskriminiert und von einer echten, politischen Vertretung ausgeschlossen. Dass sie nicht in der Regierung vertreten sind, nur begrenzt Zugang zu Ressourcen haben und ihre kulturelle Identität ausgehöhlt wird, gefährdet sie zudem. Eine weitere große Herausforderung besteht darin, dass sie im öffentlichen Raum marginalisiert und vernachlässigt werden. In den Lehrplänen kommen sie zum Beispiel nicht vor. Deswegen sieht die irakische Mehrheitsbevölkerung sie nicht und weiß auch nichts über sie. Kurzum: Was die Minderheiten an ihre irakische Heimat bindet, sind ihre tiefen Wurzeln hier, aber nicht die Situation, in der sie leben. 

Welchen Mehrwert haben Minderheiten für die Mehrheit?

Sie tragen wesentlich zum reichen kulturellen und sozialen Mosaik des Landes bei. Ihre einzigartigen Sprachen, Kulturen, Traditionen und religiösen Praktiken machen den Irak zu einer lebendigeren Gesellschaft. Wir sind eines der vielfältigsten Länder im Nahen Osten. Diese Vielfalt fördert den Zusammenhalt und das Verständnis füreinander. In wirtschaftlicher Hinsicht haben die Minderheiten im Irak seit jeher zur Alphabetisierung, zum Finanzwesen, zum Handel, zum Handwerk und zu verschiedenen qualifizierten Berufen beigetragen und das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Mehrheit bereichert. 

Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft des Irak?

Ich wünsche mir einen Irak, in dem Einheit in Vielfalt herrscht und in dem alle ethnischen und religiösen Gruppen in Frieden und Harmonie leben. Ich wünsche mir, dass der Irak ein Ort wird, an dem alle Menschen, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrem religiösen Hintergrund, gleichberechtigte Staatsbürger sind und mit Respekt behandelt werden. Ich hoffe auf einen friedlichen und demokratischen Irak, der seine multikulturelle Identität schätzt; und auf einen stabilen Irak, in dem Minderheiten nicht nur existieren, sondern für ihren Beitrag gefeiert werden, und wo ihre Rechte durch Gesetze geschützt werden, die auch angewandt werden.

Interview: Katja Dorothea Buck