Auf dem Wege der Gerechtigkeit ist Leben

Nachhaltige Entwicklung braucht Global Governance, EKD-Text 117, 2014

4.2 Ausgewählte Initiativen für mehr Kohärenz in der Global Governance und die Stärkung der Vereinten Nationen

Die Inkohärenz in der Global Governance bzw. die Schwächen des VN-Systems insbesondere in wirtschaftlichen und sozialen, aber auch in umweltpolitischen Fragen ist auf vielen internationalen Konferenzen und Generalversammlungen der Vereinten Nationen beklagt worden. Es hat auch immer wieder Reformvorschläge gegeben, die bisher aber stets an den Vorbehalten einiger Industrienationen oder anderer einflussreicher Staatengruppen gescheitert sind.

Alle Bemühungen, die Rolle der Vereinten Nationen in wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen zu stärken, fanden und finden in Konkurrenz zu den informellen Zusammenschlüssen der stärksten Industrienationen, G7 (später G8) und G20 statt. Zugespitzt gesagt: Dass es bisher nicht dazu gekommen ist, dass die Vereinten Nationen eine größere Rolle in der sozialen und ökologischen Gestaltung der Globalisierung einnehmen, liegt nicht an den Vereinten Nationen allein oder an dem Fehlen von durchdachten Reformvorschlägen, sondern ist vor allem das Ergebnis des Agierens wichtiger Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, die ihre Interessen eher in und mit den exklusiven Formaten G7/8 und G20 vertreten und durchzusetzen versuchen.

Das Scheitern großer Reformversuche bedeutet indes nicht, dass es keine kleineren institutionellen Veränderungen gab, manche mit gewissen und andere ohne die erwünschten Wirkungen. Vor allem aber wurden multilaterale Prozesse für mehr Nachhaltigkeit in Gang gesetzt, insbesondere im Bereich des selektiven Multilateralismus (Typ 2). Im Bereich des institutionalisierten Multilateralismus (Typ 1) ist es der Prozess um die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), der bei weitem am bedeutsamsten sein dürfte.

4.2.1 Die Millenniumsentwicklungsziele aus der Sicht von Global Governance für nachhaltige Entwicklung

Die internationale Gemeinschaft hat frühzeitig soziale und wirtschaftliche Regeln verankert, die umfassende Rechte der Menschen verbriefen. Damit sie in der Realität wirksam werden, bedarf es ihrer Umsetzung in den einzelnen Staaten sowie deren Unterstützung, Forcierung und Überprüfung auch und gerade auf globaler Ebene. Viele der Ziele sind in die Millenniumsentwicklungsziele integriert worden, die trotz ihrer Schwächen derzeit als ein wesentlicher Maßstab dafür gelten, inwieweit die "menschliche Entwicklung" voranschreitet und wie es um die Ernsthaftigkeit der Beteuerungen der Regierungen bestellt ist, die Lebensverhältnisse der Schwächsten in ihrem Land zu verbessern.

Mit den Millenniumsentwicklungszielen hat sich die internationale Gemeinschaft zum ersten Mal qualitative und teils sogar quantitative Zielvorgaben in acht Handlungsbereichen gegeben, die zwar nicht (völker-)rechtlich bindend, aber für die Regierungen politisch verpflichtend sind. Damit bestehen für alle Staaten verbindliche Regeln für einen ersten Teil des Weges zu einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft und Wirtschaft. In dem jährlichen Millenniumsentwicklungsbericht berichten die Vereinten Nationen, wieweit die einzelnen Staaten die Ziele erreicht haben. Dies führt vor allem in den Entwicklungsländern zu einer öffentlichen Diskussion darüber, was ihre eigene Regierung leistet, aber auch was die Partnerländer leisten.

Im Vorfeld des Zieljahres 2015 werden die Millenniumsentwicklungsziele überprüft. Sie müssen über dieses Jahr hinaus weiterentwickelt werden. Dafür hat das High-Level Panel on Global Sustainability im Januar 2012 eine Vorgabe entwickelt: Es schlägt vor, dass sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen globale und universale Ziele für nachhaltige Entwicklung geben, um Armut und Ungleichheit zu bekämpfen, die Erdökosysteme zu schützen und langfristige Investitionen in nachhaltige Infrastrukturen zu fördern. Darüber hinaus soll in regelmäßigen Abständen ein Bericht zur Einhaltung dieser globalen Ziele nachhaltiger Entwicklung erstellt werden [74]]. Dies könnte also neue gemeinsame "Entwicklungsziele", die soziale, ökologische und ökonomische Ziele integrieren, nach 2015 bedeuten. Eine sinnvolle Perspektive.

Es bedarf aber auch eines Verfahrens, das – ähnlich wie bei einigen anderen Menschenrechtskonventionen – Beschwerden von Individuen und Personengruppen beim zuständigen VN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ermöglicht, wenn deren Rechte verletzt wurden und alle anderen verfügbaren innerstaatlichen oder z. B. europäischen Rechtsbehelfe ausgeschöpft sind. Dazu wurde im Dezember 2008 in der VN-Generalversammlung ein Fakultativprotokoll verabschiedet (Resolution 63/117); aber bis Ende 2012 haben nur acht Staaten das Fakultativprotokoll ratifiziert, zu dessen Inkrafttreten es zehn ratifizierender Staaten bedarf.

In diesen acht Staaten leben etwa 170 Mio. Menschen, d. h. nur ca. 2,5 Prozent der Weltbevölkerung. Deutschland lehnt eine Ratifizierung zwar nicht gänzlich ab, misst dem aber offensichtlich auch keine besondere Priorität bei. Die Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung ermuntert die Bundesregierung, dieses Fakultativprotokoll umgehend zu ratifizieren und damit ein Beispiel auch für andere Staaten speziell innerhalb der Europäischen Union zu setzen. Bisher sind Spanien und die Slowakei die einzigen EU-Mitglieder, die das Protokoll ratifiziert haben.

Kasten 5: Die Millennium Development Goals (MDGs) und ihr Stand 2012

Im Jahr 2000 einigten sich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen alle Regierungen auf die Millenniumserklärung, aus der heraus später acht Millenniumsentwicklungsziele entstanden. Mit diesen Zielen sollen einige der kodifizierten Rechte durch verbindliche Zielvorgaben und Indikatoren umgesetzt werden.

  • MDG 1: den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, halbieren. Die Zahl der extrem Armen ist zurückgegangen. Dagegen ist die Zahl der Hungernden tendenziell unverändert. Wirtschaftliche Krisen haben die Ärmsten hart getroffen.
  • MDG 2: allen Kindern eine Grundschulausbildung ermöglichen. Hier hat es gute Fortschritte in vielen Weltregionen gegeben; aber in Subsahara-Afrika wird das Ziel wohl 2015 noch nicht erreicht.
  • MDG 3: die Gleichstellung der Geschlechter fördern und die Rechte von Frauen stärken. Es gibt kleine Fortschritte bei der Vertretung von Frauen in Parlamenten. Aber in vielen Ländern ist die offene oder unterschwellige Diskriminierung von Frauen weit verbreitet und in Kriegen und Konflikten sind Frauen massiv von Gewalt betroffen. In vielen Ländern wird ihnen das Recht auf Selbstbestimmung im Allgemeinen und insbesondere in sexueller Hinsicht verwehrt.
  • MDG 4: die Kindersterblichkeit drastisch verringern. Insgesamt konnte die Sterblichkeitsrate von Kindern bis zum fünften Lebensjahr seit 1990 massiv gesenkt werden, weltweit auf 7,6 Millionen. Dies sind zweifelsohne Fortschritte, dennoch gereichen diese Zahlen einer zivilisierten Welt zur Schande.
  • MDG 5: die Gesundheit der Mütter verbessern. Etwa eine halbe Million Frauen sterben jedes Jahr entweder an Komplikationen vor, während oder nach der Geburt eines Kindes. Das Leben dieser Frauen könnte fast immer durch die Betreuung über eine Hebamme oder Ärztin gerettet werden.
  • MDG 6: HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen. Hier hat es in der Tat große Fortschritte gegeben. So ist die Zahl der Neuinfektionen zurückgegangen, ebenso die Zahl der Todesfälle; und durch die Arbeit des "Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose" konnten bisher 9 Millionen Menschenleben gerettet werden.
  • MDG 7: die ökologische Nachhaltigkeit sichern. Diesem Ziel ist die Welt nicht viel näher gekommen. Die Biodiversität nimmt weiter ab, die Waldflächen schrumpfen, das Ökosystem Meer wird weiter zerstört und die Treibhausgasemissionen steigen.
  • MDG 8: eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen. Das achte Ziel fokussierte sehr stark auf die Verpflichtung der Industrieländer, Mittel in Höhe von 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, und auf die Schaffung eines gerechten Welthandels. Das 0,7 Prozent Ziel, das weltweit seit Jahrzehnten gefordert wurde – allerdings ohne Frist –, wird nur von wenigen Ländern erfüllt. Auch die Bundesrepublik liegt mit 0,38 Prozent noch selbst weit entfernt von dem selbstgesetzten Zwischenziel für 2010 von 0,51 Prozent.

Die Milleniumsentwicklungsziele haben sich in der Praxis als wirksam erwiesen, menschliche Entwicklung voranzutreiben. Dafür mögen auch und gerade ihre vielfach kritisierte Vereinfachung komplexer Zusammenhänge und ihr plakativer Charakter ursächlich sein. Gleichwohl müssen ihre verschiedenen Schwächen benannt werden, wenn das Streben nach Nachhaltigkeit ernst gemeint ist: So nehmen die MDGs vor allem die Entwicklungsländer in die Pflicht, ohne andere Länder mit Ausnahme finanzieller Pflichten in die Verantwortung zu nehmen. Insbesondere das MDG 1 ist vergleichsweise eindimensional und suggeriert außerdem implizit, dass "ein bisschen" extreme Armut tolerierbar sei. Aber auch andere MDGs, bei denen vergleichsweise schwammig von einer "Verbesserung" die Rede ist, sind dieser Kritik ausgesetzt. Eine andere Kritik weist in die Richtung, dass umweltpolitischen Zielen kein oder zu wenig Gewicht beigemessen wird, obwohl die klimatischen Bedingungen und der Zustand der natürlichen Lebensgrundlagen gerade für die Ärmsten der Welt von herausragender Bedeutung für ein menschenwürdiges Leben sind, da diese mehrheitlich auf und vom Land leben oder sich städtische Arme gegen klimatische Veränderungen kaum schützen, geschweige denn an sie dauerhaft anpassen können.

Nicht zuletzt aufgrund der Kritik an den MDGs beschloss der Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen im Jahr 2012 (Rio+20), dass bis Herbst 2013 Sustainable Development Goals (SDGs) von einer Arbeitsgruppe formuliert und soweit möglich quantifiziert werden sollen, um spätestens 2015 – im Anschluss an den MDG-Prozess – die Umsetzung von SDGs anzugehen.

Quelle: www.un.org/millenniumgoals [15.10.2013 ]; vgl. auch: Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (2005): "Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung. Die Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen." Eine Stellungnahme der Kammer für nachhaltige Entwicklung der EKD zur Sondervollversammlung der Vereinten Nationen im September 2005, EKD-Texte 81, Hannover; www.ekd.de/EKD-Texte/44611.html [15.10.2013]; terre des hommes / Global Policy Forum (2012): Rio+20, Report Februar 2012.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es den Regierungen in den Vereinten Nationen mit den MDGs und den Plänen zu ihrer Novellierung sowie z. B. dem Fakultativprotokoll zur Einhaltung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte gelungen ist, gewichtige Zeichen für eine verbesserte Global Governance für Nachhaltigkeit anzustoßen. Aber Kohärenz, Durchsetzungsmechanismen und Verbindlichkeit des institutionalisierten Multilateralismus sind ungenügend und zunehmend der Konkurrenz anderer – kurzfristig vielleicht wirksamer erscheinenden, aber letztlich nur teilweisen und insgesamt weniger nachhaltigen – Governance-Strukturen ausgesetzt.

Es ist auch innerhalb des VN-Systems klar, dass es umfassender Reformen bedarf, um Schlagkraft und Kohärenz des institutionalisierten Multilateralismus herzustellen. Zugleich gibt es nach hiesiger Auffassung keine Alternative zu den Vereinten Nationen und den mit ihr mehr oder weniger lose verbundenen Institutionen, um eine tragfähige Global Governance-Struktur zu beherbergen, die allen Menschen die gleichen Grundrechte und die gleiche Würde zubilligt. Es ist unter Anerkennung der Realitäten keine andere globale Struktur denkbar, der es gelingen könnte, den Prinzipien der umfassenden und daher globalen Solidarität, des mittlerweile internationalisierten "do no harm-Prinzips", der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung, dem Vorsorgeprinzip und dem Prinzip der freien vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung hinreichend Rechnung zu tragen (s. Kap. 3). Damit ist kein Global Governance-Regime gefordert, dass das in der christlichen Soziallehre verankerte Subsidiaritätsprinzip aushebelt, sondern eines, das Eigenverantwortung einfordert, aber zugleich zu Gunsten der Armen, Schwachen und der Schöpfung insgesamt eingreift, wenn einzelne Staaten überfordert sind oder die negativen grenzüberschreitenden Effekte überhand nehmen.

4.2.2 Vorschlag zur Aufwertung des "Economic and Social Council" (2006)

Im Jahr 2006 folgte den Konferenzen eine Reforminitiative, die vom damaligen VN-Generalsekretär Kofi Annan veranlasst worden war. Eine hochrangige Expertenkommission unter Leitung der drei Premierminister von Norwegen, Pakistan und Mosambik schlug im November 2006 eine umfassende VN-Reform vor, die eine deutliche Aufwertung und Transformation des "Weltwirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen" (Economic and Social Council, ECOSOC) in ein "Global Leaders Forum – L27" vorsah.

Während dem ECOSOC derzeit 54 wechselnde Mitgliedsstaaten angehören (meistens vertreten durch ihre VN-Botschafter), sah der Vorschlag vor, dass die Staats- bzw. Regierungschefs von 27 Mitgliedsstaaten – nach Erdteilproporz und im Rotationsverfahren ausgewählt und von der Generalversammlung legitimiert – regelmäßig mit den Repräsentanten aller VN-Organisationen, den internationalen Finanzinstitutionen und der WTO zusammenkommen und Kohärenz anstreben. Die Transformation und Aufwertung des ECOSOC wurde als Station auf einem Weg hin zu einer Art "Weltsicherheitsrat für wirtschaftliche und soziale Fragen" angesehen, der langfristig die Kompetenz und Autorität bekommen sollte, wirtschaftliche Leitlinien zu beschließen, die auch für IWF, Weltbank und WTO gelten sollten.

Eine solche tiefgreifende Reform hätte eine Änderung der VN-Charta notwendig gemacht, die eine breite Mehrheit der Generalversammlung und die Zustimmung des Weltsicherheitsrates erfordert. Die Vorschläge von Kofi Annans Expertenkommission, zu der unter anderem auch der damalige britische Finanzminister und spätere Premier Gordon Brown sowie der EU-Entwicklungskommissar Louis Michel gehörten, wurden von vielen Entwicklungsländern und auch einigen Industrienationen begrüßt. Unter den Befürwortern fand sich jedoch auffälliger Weise kein einziges unmittelbares Mitglied der G20. Damit war klar, dass kein Mitglied der exklusiven Club-Governance willens war, die dort bestehende Gestaltungsmacht aufzugeben. Folglich scheiterte der Reformvorschlag.

4.2.3 Vorschlag für eine "VN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften” (2008)

Auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart (Dezember 2008) warb Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine "VN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften" und die Gründung eines neuen VN-Wirtschaftsrates, der für die Implementierung dieser Charta sorgen sollte: "Die G20 sind natürlich ein Fortschritt; aber sie sind längst nicht das ganze Bild der Welt. Deshalb brauchen wir, so wie wir für die Fragen der Sicherheit und der Menschenrechte die Vereinten Nationen und einen UN-Sicherheitsrat haben, nach meiner festen Überzeugung auch für die Wirtschaft einen Weltwirtschaftsrat. Wir brauchen so etwas wie eine Wirtschafts-UNO. Wir können feststellen: Wir müssen gar nicht bei null anfangen; denn die Gründungsväter der Vereinten Nationen haben bereits einen Rat für Wirtschafts- und Sozialfragen installiert, der allerdings heute ein jämmerliches Schattendasein führt. Deshalb muss sich etwas ändern: Wir müssen eine Weltwirtschaftsordnung mithilfe eines solchen Weltwirtschaftsrates bauen. [...] Ich bin überzeugt: 2009 ist die Chance, diesem Ziel näher zu kommen." [75]

Obwohl die Vorschläge der Kanzlerin in eine sehr ähnliche Richtung wie die der Expertenkommission von Kofi Annan gingen, stellte sie nie einen Bezug zu den Vorschlägen dieser Kommission her, die zwei Jahre vorher vorgestellt und die von der Bundesregierung damals nicht unterstützt worden waren. Auch die neuen Vorschläge der Bundeskanzlerin waren innerhalb der Bundesregierung von Anfang an umstritten.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2009 bekräftigte die Bundeskanzlerin ihr Engagement: Eine VN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften "kann in einen Weltwirtschaftsrat bei den Vereinten Nationen münden, ähnlich wie wir nach dem Zweiten Weltkrieg auch einen UN-Sicherheitsrat geschaffen haben. [...] Auch wir sind am Beginn des 21. Jahrhunderts dazu aufgefordert, nach dieser Krise institutionelle Schlussfolgerungen zu ziehen, um kraftvoll international zusammenzuarbeiten. Ich bin der Meinung, dieses sollte, wo immer möglich, in eine Kooperation bei den Vereinten Nationen münden, weil ich kein anderes Gremium kenne, das diese große internationale Legitimität hat – trotz aller Schwächen und Langsamkeiten." [76]

Die Bundeskanzlerin wiederholte ihre Vorschläge noch zweimal: im Februar 2009 bei einem Zusammentreffen mit den Vorsitzenden von OECD, WTO, ILO, IWF und Weltbank und im April 2009 auf dem G20-Gipfeltreffen in London. Seither sind jedoch diese Vorschläge zur Schaffung einer VN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften und eines neuen Weltwirtschaftsrates, der diese Charta implementiert und über seine Einhaltung wacht, von der Bundesregierung nicht mehr thematisiert worden.

4.2.4 Vorschlag für ein "Panel on Systemic Risks"(2009)

In den Jahren 2008 und 2009 hat die "Commission of Experts of the President of the UN General Assembly on Reforms of the International Monetary and Financial System" einen Bericht zu den Auswirkungen der Finanzkrise auf die Entwicklungsländer vorgelegt und darin ein "Panel on Systemic Risks" vorgeschlagen. Diese Expertenrunde wird nach ihrem Vorsitzenden, dem Nobelpreisträger und früheren Chefökonom der Weltbank Joseph Stiglitz, kurz auch als "Stiglitz-Kommission" bezeichnet. Das vorgeschlagene Panel sollte auf wissenschaftlicher Grundlage – analog dem Weltklimarat (IPCC) – regelmäßig Berichte vorlegen, die die öffentliche Aufmerksamkeit auf systemische Gefährdungen der Wirtschaft und ihrer Rückwirkungen auf alle Lebensbereiche lenken und somit die Politik zu Handlungen zwingen sollte. Ebenso sollten sie Handlungsempfehlungen zur Ordnung und Regulierung der Märkte entwickeln, die der Beschränktheit des Marktes als Mittel zur Erreichung gemeinwohlorientierter Zielsetzung Rechnung tragen und sich damit vom neoliberalen Mainstream der 1980er und 1990er Jahren endgültig absetzen sollten. Das Panel sollte ein von den Regierungen unabhängiges Beschlussgremium sein und aus verschiedenen Expertinnen und Experten bestehen, die alle Regionen der Welt repräsentieren würden. Es sollte als ein Frühwarnsystem für Finanzkrisen und andere ökonomische Krisen fungieren, Gründe und Auswirkungen der drohenden Krisen analysieren, notwendige Reformen vorschlagen und weitere Gestaltungsmöglichkeiten für die globale Politik erarbeiten.

Die VN-Generalversammlung hat den ECOSOC im Juni 2009 aufgefordert, einen Vorschlag für ein derartiges "Panel on Systemic Risks" unter Einbindung der Zivilgesellschaft auszuarbeiten. Bislang liegen zwar keine hinreichend konkreten Konzepte vor, jedoch verdient dieser Vorschlag eines "Panel on (Economic) Systemic Risks" definitiv mehr Beachtung, als die in den Vereinten Nationen vertretenen Regierungen derzeit aufbringen. Mit Blick auf das Ziel, einen "VN-Sicherheitsrat für ökonomische, soziale und ökologische Fragen" zu schaffen, könnte das Panel eine Vorstufe bzw. ein Beratungsgremium für diesen Sicherheitsrat sein.

Allerdings treten hier beispielhaft die sich überkreuzenden Verantwortlichkeiten der multilateralen Institutionen und daraus resultierende Konflikte zu Tage: Der IWF sieht es als seine Aufgabe an, die meisten der genannten Funktionen – ggfs. in Kooperation mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – zu erfüllen. Zweifel an der (demokratischen) Legitimität und der fachlichen Expertise des IWF – der Jahrzehnte lang neoliberal geprägt war und dem viele Entwicklungsländer sehr viel kritischer als den Vereinten Nationen gegenüber stehen – haben die Stiglitz-Kommission wiederum zu dem Vorschlag veranlasst, auf fachliche Kompetenzen auch jenseits von Internationalem Währungsfonds und Weltbank zu rekurrieren.

Kasten 6: Empfehlungen des Global Sustainability Panels von 2012

Im Januar 2012 hatte das Global Sustainability Panel einen Bericht vorgelegt, den es im Auftrag des VN-Generalsekretärs mit Blick auf die Rio+20-Konferenz und auf die Festlegung der globalen Entwicklungsagenda nach 2015 verfasst hatte. Das Panel wurde von Tarja Halonen, der finnischen Präsidentin, und Jacob Zuma, dem südafrikanischen Präsidenten, geleitet. Mit Blick auf institutionelle Verbesserungen für nachhaltige Entwicklung schlug das Panel vor, einen "Council for global sustainable development" (Rat für nachhaltige Entwicklung) einzurichten, um Fortschritte in der Verknüpfung von sozialer Entwicklung und dem Schutz globaler Ökosysteme zu erreichen: "Menschen stehen im Zentrum unserer Vision von nachhaltiger Entwicklung. Unser Bericht stellt eine Reihe von Kernempfehlungen vor, die, wenn sie im Laufe der Zeit umgesetzt werden, dazu beitragen werden, große Teile der Menschheit aus unmenschlicher Armut zu befreien; Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu erhöhen; globale Gleichheit, einschließlich Gleichheit der Geschlechter, zu stärken; unsere Bewertung von Gütern und Dienstleistungen und die Art, wie wir Wachstum messen, zu verändern; wertvolle Ökosysteme zu bewahren; Zusammenarbeit, Kohärenz und Rechenschaftspflicht über Sektoren und Institutionen hinweg zu verstärken; und ein gemeinsames Rahmenwerk für globale Nachhaltigkeit zu schaffen." (Global Sustainability Panel [2012], S. 3, eigene Übersetzung)

Das Panel schlug vor, dass sich dieser Rat für nachhaltige Entwicklung regelmäßig mehrmals im Jahr treffen sollte und als ein Untergremium der VN-Generalversammlung fungieren könnte. Er sollte breite geographische und politische Repräsentanz haben und die VN-Organisationen und die internationalen Finanzinstitutionen ebenso wie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft einbeziehen. Der Rat sollte einen gegenseitigen zwischenstaatlichen Überprüfungsmechanismus entwickeln ("peer review"), der Staaten ermutigen sollte, in einen Erfahrungsaustausch über die besten Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung zu treten und ihre Zusagen einzuhalten.

4.2.5 Beschlüsse der Rio+20-Konferenz der Vereinten Nationen zu Institutionen und Prozessen für nachhaltige Entwicklung (2012)

Auf der Rio+20-Konferenz der Vereinten Nationen im Juni 2012 wurden drei Beschlüsse gefasst, die sowohl auf Institutionen als auch auf Prozesse zielen, mit denen die Integration sozialer, ökonomischer und ökologischer Politiken angestrebt wird:

  1. die Einrichtung eines "Hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung" (HLPF), das die als unzureichend erachtete VN-Nachhaltigkeitskommission ersetzen soll (Absätze 84-86 des Abschlussdokuments);
  2. die Stärkung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP, Absätze 87-90) und
  3. die Ausarbeitung von Zielen nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), die für alle VN-Mitgliedsstaaten gelten sollen (s. Kap. 5.2).

Zusammengenommen könnten damit entscheidende Verbesserungen erzielt werden: Das "Hochrangige politische Forum für nachhaltige Entwicklung" soll die politischen Leitlinien für das integrierte Handeln der VN-Organisationen und der Mitgliedstaaten vorgeben und sie regelmäßigen Prüfungen unterwerfen; UNEP verfügt über mehr Mittel und Autorität, und die SDGs sollen sicherstellen, dass nationale und internationale Agenden aufeinander abgestimmt und knappe Mittel auf gemeinsame Prioritäten gerichtet werden. Mit diesen drei Handlungsebenen und -formen werden darüber hinaus unterschiedliche Arenen benannt, die ineinander greifen können, aber nicht aufeinander angewiesen sind. Nationalstaaten können eigene ambitionierte SDGs aufstellen, ohne auf die Vereinten Nationen zu warten, und sie können ihre Zuweisungen an UNEP aufstocken. Dasselbe gilt anders herum: Alle drei Beschlüsse müssen noch von der VN-Generalversammlung übernommen und konkretisiert werden. Genau hier liegen aber wiederum Risiken: Die Beschlusslage von Rio+20 droht ausgehebelt zu werden und zwar durch Verzögerung, Aufweichung und sogar Ablehnung der Beschlusslage von Rio 2012. Letztlich führt dieser Prozess auf die Grundsatzfrage zurück, wie viel Rechte- und Souveränitätsabtritt notwendig ist, um Global Governance in den Dienst globaler Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zu stellen. Und vor allem, inwieweit zu Gunsten der Schwächsten die Prinzipien der staatlichen und individuellen Souveränität, der Freiwilligkeit und der Zustimmung multilateral durchbrochen werden kann und darf. Dieser Frage müssen sich die Menschen weltweit stellen und auch Christinnen und Christen müssen sich diesbezüglich positionieren.

Ad 1:

Hochrangiges politisches Forum für nachhaltige Entwicklung (HLPF): Dieses Forum soll schlagkräftiger und verbindlicher als die bisherige Commission on Sustainable Development (CSD), die nach 1992 eingerichtet worden war, handeln können. Um zum Herzstück einer neuen, effektiven Nachhaltigkeitsarchitektur zu werden, muss dieses Forum mit drei zentralen Kompetenzen ausgestattet sein: Es muss erstens verbindliche politische Leitlinien und Zielvorgaben für die einschlägigen VN-Institutionen formulieren und beschließen, damit diese integriert handeln und ökonomische, soziale und ökologische Belange angemessen berücksichtigen. Zweitens muss das Forum über wirksame Überwachungs- und Prüfverfahren sowie Sanktionsmechanismen verfügen. Drittens muss das Forum über Instrumente verfügen, mit denen es auf der Basis vorliegender Berichte den Kenntnisstand zur globalen nachhaltigen Entwicklung aufarbeiten und den Dialog zwischen Politik und Wissenschaft zielgerichtet fördern kann.

Ein derart definiertes hochrangiges Forum könnte nicht wie bisher die CSD von den Umwelt- und Entwicklungsministerien beschickt werden, sondern müsste durch Personen besetzt werden, die für die wirtschafts-, sozial- und umweltpolitische Strategie ihrer jeweiligen Regierung insgesamt sprechen können.

In Rio ist es 2012 nicht gelungen, die Zusammensetzung, das Mandat und die Arbeitsweise des Forums genauer zu bestimmen; damit ist nun die Generalversammlung befasst [77]. Wichtig wäre, dass dieses Forum die Polarisierung zwischen Nord und Süd überwindet, die auch die Verhandlungen während der Rio+20-Konferenz geprägt hat. Institutionelle Mechanismen dafür wären, qualifizierte Mehrheitsentscheidungen oder ein Zweikammer-System zuzulassen, in dem neben den vertretenen VN-Mitgliedstaaten auch der fachliche Rat der betroffenen VN-Organisationen gehört würde. Auf diese Weise könnten Zielkorridore für politische Reformen vereinbart werden, die die Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung verbessern und das Zusammenspiel von VN-Organisationen, internationalen und regionalen Entwicklungsbanken und nationalen Regierungen an konkreten Zielen und Fristen orientieren. In diesem Sinne könnte ein derartiger Rat als ein wichtiger Schritt im Reformprozess der Global Governance-Architektur für nachhaltige Entwicklung gelten.

Die tatsächliche Effektivität dieses Rates wird jedoch unter anderem auch davon abhängen, in welchem Verhältnis dieser Rat zum ECOSOC und zum Weltsicherheitsrat steht. Die Einrichtung dieses Rates sollte nicht zu einer weiteren Fragmentierung des VN-Systems führen. Alternativen zur Gründung dieses Rates sollten deshalb auch geprüft werden, z. B. die Reform des bereits existierenden ECOSOC mit dem neuen Auftrag, Anstöße für eine weltweite nachhaltige Entwicklung zu geben. Zu dieser Prüfung müsste auch die Benennung der Ursachen für die bisherige Schwäche des ECOSOC gehören sowie dafür, dass er dem Arbeitsauftrag, konkrete Vorschläge zur Einrichtung des "Panel on Systemic Risks" vorzulegen, nicht nachkommen konnte. Leider konnte sich die Rio+20-Konferenz nur darauf verständigen, den ECOSOC zu stärken; ein präziser Prüfauftrag wurde nicht formuliert.

Dies wäre eine Aufgabe, der sich die Arbeitsgruppe annehmen könnte, die von der VN-Generalversammlung zur Gründung des "Hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung" eingerichtet werden soll. Darüber hinaus sollte sie die Aufgabenbeschreibung für das "Panel on Systemic Risks" ebenfalls in ihre Beratungen mit einbeziehen, denn nachhaltige Entwicklung kann ohne die Beobachtung und wissenschaftliche Bewertung systemischer Risiken nicht befördert werden.

Des Weiteren sollte sich die Arbeitsgruppe für die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen an der Arbeit dieses Rates aussprechen, in Fortsetzung der Tradition seit 1992. Diese Organisationen haben in vielen multilateralen Foren und Arenen beträchtliche Expertise mitgebracht, weiter ausgebaut und in die Prozesse einspeisen können, mit unbestritten positiven Wirkungen. Im Vorfeld der Rio+20-Konferenz haben sie ein erhebliches öffentliches Interesse mobilisieren können. Viele hochrangige Regierungsvertreter nahmen mit ebenso großem Interesse an den vielfältigen Veranstaltungen teil, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft und des Privatsektors um die Konferenz herum organisiert worden waren, wie an den offiziellen Verhandlungen. Dieses Engagement und diese Expertise sollten für die Arbeit des Rates genutzt werden.

Ad 2:

Stärkung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP): Lange Zeit war die Umwandlung von UNEP in eine Weltumweltorganisation diskutiert worden, um die globale Umweltpolitik und besonders deren Kohärenz zu stärken. Diese Option scheint mit den Beschlüssen von Rio ad acta gelegt. Im Fokus stehen nun die universelle Mitgliedschaft im Verwaltungsrat von UNEP und der Ausbau der Finanzierung aus dem regulären Budget der Vereinten Nationen ebenso wie aus freiwilligen Zuwendungen einzelner Mitgliedstaaten. Ebenso wichtig wird es sein, die Wissensfunktionen von UNEP zu stärken: die Nutzung wissenschaftlicher Forschung für die Berichterstattung und Konzeptentwicklung ebenso wie die Aufarbeitung umweltpolitischer Praxiserfahrungen für die Stärkung von Kapazitäten weltweit. Damit soll die Autorität von UNEP gestärkt werden, um die Führungsrolle in der globalen Umweltpolitik zu übernehmen und kohärentes Handeln im Sinne umweltpolitischer Nachhaltigkeit im VN-System zu fördern.

Offen ist in Rio auch geblieben, wie die Kooperation zwischen dem Umwelt- und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) verbessert werden kann. UNDP verfügt über die meisten Niederlassungen, das größte Budget und die größte operative Erfahrung weltweit, und viele VN-Organisationen nutzen UNDPs Infrastruktur und Knowhow für die Umsetzung eigener Programme. Gerade auch um die Zielkonflikte zwischen Wirtschaftswachstum, sozialer Entwicklung und Umweltschutz zu bearbeiten, die viele Entwicklungsprogramme prägen, wäre ein stärkeres Zusammenspiel von UNEP und UNDP wünschenswert.

Ad 3:

Globale Ziele für nachhaltige Entwicklung: Der Vorschlag, in Rio universelle Ziele für nachhaltige Entwicklung zu vereinbaren, war im Vorfeld der Konferenz zunächst von Kolumbien und Guatemala eingebracht worden. Es wurde in Rio dazu jedoch nur beschlossen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die bis September 2013 einen Vorschlag für diese Ziele ausarbeitet, der von der Generalversammlung angenommen oder abgelehnt werden kann (s. Kap. 5.2). Diese Arbeitsgruppe wurde im Januar 2013 eingesetzt.

4.2.6 Stand der Reformen

Die vorangegangenen Abschnitte dokumentieren die Versuche der Vereinten Nationen, auf die Defizite globaler Politik mit verschiedenen Reformvorschlägen zu reagieren. Meilensteine dieses Prozesses waren bisher vor allem diverse Berichte verschiedener hochrangiger Kommissionen sowie der MDG-Prozess. Im Fokus der erarbeiteten Kommissionsvorschläge standen in der Regel ambitionierte institutionelle Reformen. Damit sollte den Vereinten Nationen mehr Expertise und Schlagkraft bei der erforderlichen Politikkoordination und der gemeinsamen Willensbildung ermöglicht werden. Auch in Deutschland sprechen sich viele für eine deutliche Stärkung der Rolle der Vereinten Nationen aus – gerade auch in wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen – und fordern neue oder völlig erneuerte Institutionen. Bisher sind diese Vorschläge nicht konsequent vorangetrieben, geschweige denn umgesetzt worden. Dies gilt für den Vorschlag einer Aufwertung des dahindümpelnden Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) ebenso wie für das "Panel on Systemic Risks", das die Stiglitz-Kommission vorgeschlagen hatte. Die Diskussion zur Reform des ECOSOC ist versandet, und der einstimmige Beschluss der VN-Generalversammlung 2009, mit dem der ECOSOC beauftragt wurde, konkrete Vorschläge für Zusammensetzung, Arbeitsauftrag und Arbeitsweise eines solchen Panels auszuarbeiten und der Generalversammlung vorzulegen, blieb ergebnislos.

Die Umsetzung der Beschlüsse von Rio+20 (2012) lässt auf sich warten. Auf der VN-Generalversammlung 2012 waren mit Blick auf die Konkretisierung und Umsetzung der Beschlüsse von Rio kaum Fortschritte zu verzeichnen. Diese Aufgabe wurde an vier verschiedene Arbeitsgruppen delegiert. Ob es gelingt, die verschiedenen Arbeits- und Diskussionsprozesse zusammenzuführen und tatsächlich universelle Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu vereinbaren, ist noch ungewiss.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Defizite der bestehenden Global Governance-Strukturen sind weitgehend bekannt. Hinreichende institutionelle Reformen sind bislang nicht erfolgt. Inwieweit sich die erforderlichen institutionellen Reformen angesichts der faktischen Blockadehaltung der mächtigen Staaten (etwa der G20) realisieren lassen, ist ungewiss. Gleichzeitig gibt es Prozesse (etwa MDG-, SDG- und wirtschaftspolitische Prozesse), die eine Überwindung nationaler kurzfristig gedachter Eigeninteressen möglich erscheinen lassen, obwohl es auch hier viele Widerstände gibt.

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