Leitlinien für eine multifunktionale und nachhaltige Landwirtschaft
Zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Eine Stellungnahme der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung, EKD-Text 114, 2011
6.3 Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz
Die EU sollte den Weg der konsequenten Ökologisierung der Landwirtschaft weiter beschreiten. Die zukünftige Landnutzung soll dazu beitragen, die Vielfalt der Landschaften zu erhalten, denn diese landschaftliche Vielfalt ist die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Biodiversität. Wildpflanzen und -tiere müssen Lebensräume zugeteilt bekommen durch die verstärkte Ausweisung von ökologischen Vorrangflächen in Agrarlandschaften, was durch entsprechende Agrarumweltprogramme samt Fachberatung gefördert werden sollte. Insbesondere artenreiches Grünland sollte unter besonderen Schutz gestellt werden. Der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sollte ausgeschlossen werden, weil damit ökologische Risiken einhergehen, deren Ausmaß und Folgen erst langfristig angemessen beurteilt werden können [6]. Die Intensität des Landbaus darf den Wasserhaushalt und die Böden nicht langfristig beeinträchtigen. Nutztiere sollten möglichst tiergerecht und flächengebunden gehalten werden.
Der Landwirtschaftssektor spielt in Bezug auf den Klimawandel eine wichtige Rolle. Einerseits ist die Landwirtschaft eine erhebliche Quelle für die Emission klimarelevanter Gase. Andererseits ist sie von den Folgen des Klimawandels besonders stark betroffen, was weitreichende Anpassungsleistungen erforderlich macht. Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zur Vermeidung von Treibhausgasen leisten. Sie muss durch die intelligente Verwertung von "Reststoffen" zur Produktion von nachwachsenden Rohstoffen beitragen. Schließlich muss die EU die Landwirte bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen, Tiere und Ressourcen unterstützen.
Bei der geplanten massiven Ausdehnung des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen als Energieträger im Rahmen der deutschen "Energiewende" sind die langfristige Funktions- und Tragfähigkeit der Agrarökosysteme sowie die Gesamtumweltbilanzen zu beachten. Zum einen ist eine Fokussierung auf die Verwendung von Reststoffen und Koppelprodukten aus der Land- und Forstwirtschaft bei der energetischen Verwertung notwendig, um die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu verringern. Zum anderen sind die Prinzipien einer erweiterten Fruchtfolge und des Erhalts des Humusspiegels zu berücksichtigen. Um Monokulturen und zu starke regionale Konzentrationen von z. B. Biogasanlagen zu vermeiden, sollte der großflächige Anbau von nachwachsenden Rohstoffen vorausschauend mit Elementen der Raum- und Regionalplanung verknüpft werden. Dies ist insofern relevant, da viele Auswirkungen nur indirekt erfolgen: beispielsweise die Effekte, die als indirekte Landnutzungsänderungen bekannt sind, bei denen der Anbau anderer Agrarprodukte durch die Ausweitung der Energiepflanzenproduktion in kohlenstoffreiche oder ökologisch sensible Flächen abgedrängt wird. Bei der öffentlichen Förderung der Produktion von nachwachsenden Rohstoffen müssen zudem Fragen der Über- und Unterförderung samt deren Auswirkungen auf andere Zweige der Landwirtschaft z. B. über die Höhe der Pachtpreise für Landwirtschaftsflächen kritisch überprüft werden. In diesem Zusammenhang muss bei Fragen der Flächenbelegung auch der deutliche Ausbau der einheimischen Eiweißfutterpflanzen wie Leguminosen einbezogen werden. Der starke Ausbau regenerativer Energieträger setzt in Deutschland einen tiefgehenden Transformationsprozess voraus. Die Möglichkeiten des Einsatzes von Biomasse für energetische Zwecke sind in den jeweiligen Naturräumen begrenzt. Der Ausbau sollte gut geplant erfolgen, um negative Nebeneffekte für Landwirtschaft, Umwelt und dort lebende Bevölkerung zu minimieren. Die Grenzlinie zwischen Fachrecht – also was gesetzlich zumutbar ist, und was als "Zusatzleistung" der Landwirte über das gesetzliche Maß hinausgeht, ist im Rahmen des geplanten "Greenings", d. h. der Bindung von Direktzahlungen an Umweltanforderungen, festzulegen. Für freiwillige Leistungen müssen die Landwirte honoriert werden, und zwar mit einer expliziten Anreizkomponente.