Im Alter neu werden können. Evangelische Perspektiven für Individuum, Gesellschaft und Kirche
Eine Orientierungshilfe des Rates der EKD, 2010, Hrsg. Gütersloher Verlagshaus, ISBN 978-3-579-05912-9
Vorwort
Hanna und Simeon: Zwei alte Menschen begegnen dem neugeborenen Heiland.
Diese eindrückliche Szene, wie sie das Lukasevangelium in Kapitel 2 festhält, spricht vieles an, was uns im Rat der EKD bei der Beschäftigung mit dem Thema Alter und Altern wichtig war.
Hanna und Simeon, hochbetagt, vom Leben gezeichnet, auf Schicksalsschläge zurückblickend – so leben sie in der Nähe des Tempels, vertrauen sich der Gegenwart Gottes an und sind bereit, ihn willkommen zu heißen, wenn er sich zeigt. Und er zeigt sich, ganz anders als erwartet. Die Prophetin Hanna und der fromme und gottesfürchtige Simeon erkennen in dem neugeborenen Sohn des Josef und der Maria den, den Gott geschickt hat. Unsere Bilder vom Alter werden durch diese Begegnung fundamental in Frage gestellt. Diese beiden Alten sind voller Erwartung. Alt sein muss nicht heißen, fertig zu sein mit dem Leben. Hanna und Simeon zeugen von lebenslangem Hoffen und Glauben und – das würden wir heute unbedingt hinzufügen – lebenslangem Lernen. Zu einem differenzierten Bild vom Alter gehört es, die Fähigkeiten und Potenziale des Alters – die »Talente« – wahrzunehmen, ohne dabei die Verletzlichkeit und Angewiesenheit auszublenden. Neben die Deutung des Alters vom Ende her tritt dann die geistliche Perspektive des »Neu-Werdens« in allen Phasen des Lebens
Hanna und Simeon werden im Alter neu. Ich danke der Ad-hoc-Kommission, die der Rat der EKD einberufen hat, und ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Andreas Kruse, dass sie sich dem Thema »Im Alter neu werden können« so gewidmet haben, dass uns als Ergebnis nun dieser zukunftsweisende Text als Orientierungshilfe des Rates vorliegt. Der Text bietet nicht nur inhaltlich eine neue Perspektive auf das Leben im Alter und das Altern der Gesellschaft, er greift die unterschiedlichen Aspekte des Themas auch mit kreativen und lyrischen Sprachformen auf, sodass ich nicht nur eine interessante, sondern auch genussvolle Lektüre versprechen kann.
Hannover, im November 2009
Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland