Priestertum aller Gläubigen - Basiswissen Glauben

Eine ehrenamtliche Lektorin predigt im Gottesdienst in einer evangelischen Kirche in Oldenburg

Alle Christinnen und Christen sind Priester durch ihre Taufe.

Für den Reformator Martin Luther war klar: Niemand ist unter Christinnen und Christen besser oder schlechter oder heiliger als der andere. Luther wandte sich gegen die Hierarchie in der römischen Kirche, in der die Priester durch die Weihe eine besondere Würde verliehen bekommen. Luther war der Meinung: Jeder Christ soll die Bibel selbst lesen und verstehen, und jeder ist in dem, wie er glaubt, nur Gott gegenüber verpflichtet, aber keinem Menschen. Luther sagte: Jeder Christ wird durch die Taufe zum Priester geweiht. Deswegen heißt es auch ursprünglich: Priestertum aller Getauften. Mit der Zeit wurde daraus der Ausdruck „Priestertum aller Gläubigen“ und auch „Allgemeines Priestertum“, weil es sich auf alle Christinnen und Christen bezieht.

Üblicherweise versteht man unter einem Priester jemanden, der zwischen Gott und den Menschen vermittelt. Für Luther hingegen war klar: Es gibt nur einen Priester, Jesus Christus (Hebräer 4,14). Dadurch, dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde, also selbst zu den Menschen kam, haben alle Zugang zum Heiligtum (Hebräer 10,19), ganz ohne andere Mittler, ob Heilige oder Priester. Weitere biblische Grundlagen für diese Sichtweise sind unter anderem 1 Petr 2,9; Offb 5,10.

Für die Organisation der Kirche war es für Luther jedoch wichtig, unterschiedliche Ämter in der Kirche klar zu definieren. Zum Beispiel sind Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland mit der Verkündigung des Evangeliums und der Verwaltung der Sakramente beauftragt, dazu werden sie entsprechend ausgebildet und ordiniert. Diese Ordnung ist sachlich geboten, aber nicht heilsnotwendig.

Für die Verkündigung des Evangeliums und für die Verwaltung der Sakramente ordiniert die Evangelische Kirche in Deutschland Pfarrerinnen und Pfarrer. Sie beruft sie in ihr Amt. Dabei werden Pfarrerinnen und Pfarrer auch verpflichtet, ihr Leben so zu führen, dass es dem Evangelium nicht widerspricht. Sie werden in einem Gottesdienst für ihren Dienst gesegnet. Ihnen werden die Verkündigung des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente übertragen. In Notsituationen kann aber jeder Christ und jede Christin diese Aufgaben übernehmen.

Auch wenn hauptsächlich Pfarrerinnen und Pfarrer die Verkündigung übernehmen, ist jeder Christ und jede Christin frei, sich sein eigenes Urteil über die Lehre der Kirche zu bilden. Ausdruck des Priestertums aller Gläubigen in der Evangelischen Kirche in Deutschland ist heute die Presbyterial- und Synodalstruktur. Die Leitung der Gemeinden und der Gesamtkirche haben zum Beispiel nicht die Pfarrerinnen und Pfarrer allein, sondern die Synoden und die Kirchenvorstände (Presbyter). Es gibt Synoden in den Landeskirchen und eine Synode der EKD. Diese Gremien bestehen sowohl aus Ordinierten als auch aus Nichtordinierten.

Weiterführende Inhalte und Links

  • Fragen

    Was unterscheidet Pfarrerinnen und Pfarrer von anderen Christinnen und Christen?

    Antwort: Zunächst sind sie lediglich besonders ausgebildet und von der Kirche für ihr Amt beauftragt. Wenn Pfarrerinnen und Pfarrer ihr Amt antreten, verpflichten sie sich außerdem, ihr Leben so zu führen, dass es dem Evangelium nicht widerspricht. Das heißt aber nicht, dass dies auch in allen Fällen gelingt. Pfarrerinnen und Pfarrer sind und bleiben Menschen wie andere auch. Die Sakramente, also die Taufe und das Abendmahl, sind unabhängig vom Lebenswandel der Pfarrerinnen und Pfarrer gültig. Jede Christin und jeder Christ kann in der Evangelischen Kirche in Deutschland Pfarrerin beziehungsweise Pfarrer werden. Dafür müssen sie evangelische Theologie studieren und zwei kirchliche Prüfungen bestehen.

  • Diskussion

    Das unterschiedliche Amtsverständnis steht der Einheit der christlichen Kirchen besonders entgegen. In der katholischen Kirche spielt die sogenannte apostolische Sukzession eine wichtige Rolle. Das Wort „apostolisch“ kommt von „Apostel“. Nach diesem Verständnis ist der Papst der Nachfolger des Apostels Petrus. Er gibt das apostolische Amt an die nachfolgenden Amtsträger, die Bischöfe, weiter. Diese beauftragen wiederum die Priester. Nur wer in dieser Amtskette steht, kann nach katholischem Verständnis gültige Sakramente spenden. Evangelisch ordinierte Pfarrerinnen und Pfarrer sind für Katholiken keine Priester. Für Luther hingegen war die richtige Verkündigung des Evangeliums und die richtige Einsetzung der Sakramente entscheidend. Diese sollte im „apostolischen“ Sinne geschehen, also im Sinne der Nachfolge Christi.

  • Links
  • Vier Jugendliche betrachten ein Porträt Martin Luthers auf einem Hocker.
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    Martin Luther

    Als Mönch verzweifelte Martin Luther an seinem Glauben. Die erlösende Botschaft fand er in der Bibel. Seine Erkenntnis widersprach der damaligen kirchlichen Lehre und Luther äußerte deutlich seine Kritik. Heute ist Martin Luther als Reformator und Begründer des Protestantismus weltbekannt.

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  • Verschiedene Ausgaben der neuen Lutherbibel.
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    Lutherbibel 2017

    Die Bibelübersetzung von Martin Luther ist der maßgebliche Bibeltext der Evangelischen Kirche in Deutschland. Mit seiner Sprache hat Luther die deutsche Bibel geprägt. Zum Reformationsjubiläum 2017 ist eine neue Fassung der Lutherbibel erschienen.

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  • Hand mit Kirche aus Holz.
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