Nachhaltig durch das Kirchenjahr
Materialien für Andachten und Gottesdienste zu den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030
Tag des Meeres 8.6. – Nachhaltigkeitsziel 14
Gottesdienst zum Thema: Meeresschutz
Gottesdienstentwurf
Liturgische Elemente
Votum zur Begrüßung
„Die Liebe Gottes umgibt uns von allen Seiten.
Gottes Liebe ist das Wasser, das wir trinken,
die Luft, die wir atmen,
und das Licht, das wir schauen.“
(Ernesto Cardenal)
Weit wie das Meer ist Gottes große Liebe.
Tief wie ein Ozean – Gottes Erbarmen.
Verlässlich wie Ebbe und Flut – seine Treue.
Stürmisch – ihre Leidenschaft fürs Leben.
Zärtlich wie Wellen im Sand – seine Nähe.
Liturgische Eröffnung
Wir beginnen im Namen unseres Gottes,
dessen Geistkraft im Anfang über den Wassern schwebte,
dessen befreiende Macht die Wasser zerteilte,
dessen Liebe strömt wie lebendiges Wasser.
Amen.
Psalmen mit Bezügen zum Meer
Psalm 93 / Psalm 95 / Psalm 98 / Psalm 104 /
Psalm 136,6 / Psalm 139,5 / Psalm 148
Gebete
Aus der Liturgie zum Eröffnungsgottesdienst der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rats
der Kirchen in Busan / Südkorea.
Allmächtiger Gott, dein pazifisches Volk ruft dich!
Wir weinen, Herr, weinen Meere von Tränen,
weil unser geliebtes Meer ansteigt und uns erdrückt.
Wir fühlen, Herr, fühlen Ströme von Schmerz,
da unser uraltes Land verschwindet und uns von
deiner Schöpfung entfernt.
Wir stehen, Herr, vor Bergen von Verzweiflung,
da unsere Kulturen weggespült werden
und Habgier und Macht uns verschlingen.
Wir zittern, Herr, zittern unter den Erdbeben von Veränderungen
und unter ihren Auswirkungen auf unser Leben.
Wir verzweifeln, Herr, verzweifeln vor dem Orkan der Probleme,
denen wir gegenüberstehen, und der Angst, die sie hervorrufen.
Höre unsere Klage.
Quelle: Gottesdienstkomitee Busan Vollversammlung, 2013, Ökumenischer Rat der Kirchen, Genf
Gott – Ursprung alles Lebendigen,
wenn wir auf das unendlich weite Meer schauen,
erinnern wir uns an deinen Geist,
der am Anfang über dem Urmeer schwebte.
Wir erinnern uns, dass du das Meer geteilt hast,
um dein Volk zu befreien aus Not und Sklaverei.
Heute schwimmt Plastikmüll in den Meeren.
Das Wasser übersäuert und lässt Korallenriffe sterben.
Teile heute das Meer unserer Gier und Gedankenlosigkeit.
Befreie uns von maßlosem Konsum und Ressourcenverbrauch.
Wandle uns und bringe uns zurück auf den Weg ins Leben.
Amen.
Liedvorschläge
Evangelisches Gesangbuch
Seit Lob und Ehr, EG 326,2
Gott gab uns Atem, EG 432
Himmel, Erde, Luft und Meer, EG 504
Singt Gott, unserm Herrn, EG 582,4
Weit wie das Meer, EG 622
Aktion: Skulptur aus Plastikmüll vom Strandsaum
Für den Gottesdienst könnte in einer Aktion vorab Plastikmüll vom Strand gesammelt und zu einer Müll-Skulptur im Gottesdienstraum aufgebaut werden. Daran anknüpfen könnte ein Klagegebet mit Kyrie-Rufen.
Fürbitten
Guter Gott, wir danken dir für deine großartige Schöpfung.
Sie war vor uns da und soll nach uns sein.
Führe uns täglich ihre Schönheit vor Augen und lass uns erkennen,
dass wir ein Teil von ihr sind und unser Leben von ihrer Unversehrtheit abhängt.
Wir bitten dich gemeinsam: Kyrie eleison.
Guter Gott, wir danken dir für Meere und Wasser,
weil sie uns Leben schenken und Heimat sind für wunderbare Tiere und Pflanzen.
Wir bitten dich für das bedrohte marine Ökosystem.
Plastikmüll verunreinigt die Ozeane.
Mikroplastik lässt Fische und Vögel verhungern und vergiftet auch uns.
Die Übersäuerung der Meere lässt Korallen sterben.
Lass uns Wege finden, die Zerstörung der Meere zu beenden.
Schenke uns Weisheit, im Einklang mit deiner Schöpfung zu leben.
Wir bitten dich gemeinsam: Kyrie eleison.
Guter Gott, wir danken dir für alles, was uns die Meere schenken.
Für Nahrung, die Millionen Menschen ernährt.
Für saubere Luft, die uns alle atmen lässt.
Für Erfrischung und Erholung, die wir hier finden.
Lass uns gut achtgeben auf die Meere, auf alles, was darin lebt.
Wir bitten dich gemeinsam: Kyrie eleison.
Segen
Der Segen Gottes sei über dir,
wie einst Gottes Geist über dem Wasser.
Der Segen Gottes sei in dir,
wie das Wasser, das dich am Leben erhält.
Der Segen Gottes hülle dich ein,
wie Frühnebel über dem Meer.
Der Segen Gottes streichle dich,
wie eine leichte Brise am Sommerstrand.
Und der Friede Gottes,
der höher, weiter und tiefer greift
als jedes Meer und als alle menschliche Vernunft,
bewahre deine Seele und deinen Geist
in Jesus Christus.
Amen.
Gedanken zum Leben im und am Meer
Meer Leben – weniger Plastik
Das Rauschen der Wellen in den Ohren, der salzige Geschmack auf der Zunge, dieser unverwechselbare Geruch von Seetang und Salz in der Nase, der feine Sand oder der schmatzende Schlick unter den Füßen, dazu der Wind, der über die Haut streichelt und schließlich ein Sprung ins kalte Nass der Fluten: Das gehört zu meinen Kindheitserinnerungen. Ich bin auf einer Insel in der Nordsee groß geworden. Das Meer umgab mich auf dem Eiland zu allen Jahreszeiten, freundlich und friedlich im Sommer, wild und ungestüm im Herbst oder eisig-grau und gefroren im Winter. Noch heute bin ich gerne dort, wo Meer und Küste sich umarmen.
Das Meer fasziniert Menschen zu allen Zeiten. Wie ein Magnet zieht es Sommer für Sommer Millionen Menschen an die Küsten, um diesen beeindruckenden Zauber zu erleben. Der Blick aufs Meer ist immer wieder erhebend und erhaben zugleich. Schon zu biblischen Zeiten hat es Menschen in Erstaunen versetzt: Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt‘s ohne Zahl, große und kleine Tiere, so schwärmt ein Beter in Psalm 104,25. Wir leben auf einem „blauen Planeten“, weil über 70 Prozent von Wasser bedeckt sind.
Die Weite und Größe des Meeres ist schier unermesslich, manchmal auch furchteinflößend. Als Gott das Meer teilte, um sein Volk in die Freiheit zu führen, schlugen die Wogen über der Armee des Pharaos zusammen und rissen diese in den Tod. Das Meer hat auch eine unheimliche und bedrohliche Macht. Das wissen wir spätestens seit den verheerenden Tsunamis in Indonesien oder Japan. Seefahrer*innen auch auf modernen Containerschiffen vergessen nicht den Respekt vor der Urgewalt des Wassers, wenn sie auf offener See unterwegs sind. Die Flüchtlinge vor allem aus afrikanischen Ländern, die von Libyen aus in kleinen Schlauchbooten nach Europa übersetzen, riskieren ihr Leben. Das Mittelmeer ist heute zu einem der größten Massengräber der Welt geworden. Die Seenotrettung privater oder kirchlicher Organisationen wird zunehmend erschwert und kriminalisiert. Ein Skandal, der gen Himmel schreit.
Zudem bergen die Ozeane die letzten unerreichten Regionen unseres Planeten. Bis heute gehört die Tiefsee zu den am wenigsten erforschten Gebieten unserer Erde. Vor allem aber sind die Meere, wie manche sagen, die letzte verbliebene Kolonie unserer Zeit. Trotz internationaler Regularien werden die Meere hemmungslos über die Grenzen ihrer Belastbarkeit ausgebeutet, überfischt, durch Tiefseebohrungen verseucht und durch den Eintrag von CO2 und Plastikmüll verunreinigt. Dabei bilden die Meere direkt oder indirekt die Lebensgrundlage von mehreren hundert Millionen Menschen vor allem in den Küstenregionen.
Umso beunruhigender sind die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen der letzten Jahre, die von einer Katastrophe globalen Ausmaßes zeugen, die sich in den Meeren anbahnt. Es wimmelt nicht mehr nur von großen und kleinen Tieren, sondern leider auch von Plastikmüll, der Jahr für Jahr in ungeheuren Mengen in die Meere gelangt und die marinen Ökosysteme bedroht. Immer wieder ist von Schätzungen zu lesen, dass bis zur Mitte des Jahrhunderts mehr Plastik als Biomasse in den Meeren schwimmen soll, wenn sich nichts ändert. Ein großer Teil des Kunststoffs sinkt entweder auf den Meeresboden, wo er auf Jahrhunderte verbleiben wird, und niemand weiß, was er dort anrichtet. Oder er wird zu Mikroplastik zerrieben, das sich in der Nahrungskette anreichert – auch hier mit bislang kaum absehbaren Folgen. Dazu kommt noch die Übersäuerung der Meere, die dadurch bedingte Korallenbleiche und die Überfischung der marinen Bestände.
Der Psalmbeter nimmt in seinen Worten die Erzählung des ersten Schöpfungsberichts auf, in dem es heißt: Und Gott sprach: Im Wasser soll es von Lebewesen aller Art wimmeln und am Himmel sollen Vögel fliegen! Da schuf Gott die großen Seeungeheuer und Wesen aller Art, von denen die Wasser wimmeln, dazu alle Arten von geflügelten Tieren. Gott sah es an. Es war gut. (Genesis 1,20). Von Plastik war da nicht die Rede. Aber wenig später, in der Erzählung über die Erschaffung des Menschen, wird über den Sündenfall berichtet. Die rücksichtslose Ausbeutung und Vermüllung der Meere ist für mich als Insulaner und Meeresfreund der ökologische Sündenfall unseres Zeitalters, das ja von Geologen bereits als „Anthropozän“ bezeichnet wurde, als eine Epoche also, in welcher der Mensch „zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden“ ist (Wikipedia).
Insofern kann ein Lösungsansatz nur noch global und umfassend gedacht werden. Das 14. UN-Nachhaltigkeitsziel bezieht sich ausdrücklich auf den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Meere. Immerhin ist damit erkannt worden, welche weitreichende Bedeutung die Meere nicht nur als Existenzgrundlage für Millionen von Menschen haben, sondern vor allem auch als ein globales Ökosystem, ohne das kein nachhaltiges Leben an Land möglich ist. Je früher konkrete Maßnahmen ergriffen werden, desto besser für uns alle.
Die Bibel erzählt im ersten Schöpfungsbericht, dass es Gottes Geist war, der über dem Wasser schwebte. Ich habe da das Bild einer Nebelbank vor Augen, die sich frühmorgens auf das Meer legt wie eine schützende Decke. Dieser schöpferische und schützende Geist Gottes hebt die Schöpfung sozusagen aus der Taufe und hält sie bis heute über dem Nichts am Leben. Wir brauchen heute nichts nötiger als einen neuen Geist, der um die Verwobenheit allen Lebens weiß und eine neue Achtung vor der Zerbrechlichkeit dieser Welt wachruft. Die biblischen Bilder einer heilen Welt am Anfang sind, wie Prof. Andreas Benk betont, „utopische Erinnerungen“, die uns vor Augen führen wollen, wie ein gutes Leben aussieht, das Mensch und Schöpfung in Einklang bringt. Gutes Leben umfasst alle Kreatur, alles Lebendige, die belebte und die unbelebte Natur.
Ich jedenfalls würde mir wünschen, dass meine Enkel*innen auch in 50 Jahren noch Sand unter den Füßen haben, wenn sie am Meer spielen, und kein Plastik, und das Wasser weiter „wimmelt von Lebewesen aller Art“.
Autor
Pastor Jörg Ostermann-Ohno, Arbeitsstelle Weitblick im Kirchenkreis Hamburg-West /Südholstein
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