Das Reformationsjubiläum 2017 feiern - Leichte Sprache

Vergewissern

Was bedeutet die Reformation für uns heute?

Die Reformation ist ein Ereignis aus dem 16. Jahrhundert.
Die Reformation ist aber auch ein Prozess. Das heißt, seit dem Ereignis im 16. Jahrhundert ist es mit der Reformation immer weiter gegangen.
In dem Reformations-Prozess haben sich von damals bis heute der Glaube, die Kirche und die Gesellschaft immer wieder verändert.
Im Zusammenhang mit anderen geschichtlichen Entwicklungen hat die Reformation im Laufe der Jahrhunderte viele Lebensbereiche der Menschen mit geprägt.

Im 21. Jahrhundert fragen wir uns:
Was kann die Reformation für unser heutiges Leben bewirken?
Die Evangelische Kirche sagt:
Das Reformations-Jubiläum bietet uns eine große Chance.
Wir können zu diesem Anlass eine Lebenshaltung entwickeln.
Diese Lebenshaltung soll vom Geist der Reformation geprägt sein.
Sie verbindet den Glauben an Gott mit gesellschaftlicher Verantwortung.
Sie verbindet die Suche und Sehnsucht nach Gott mit der Verantwortung für andere Menschen, für unsere Welt und für unsere Zukunft.

Die folgenden Kapitel beschreiben sieben Aspekte, die zu einer reformatorisch geprägten Lebenshaltung gehören.
Jeder Mensch kann diese Aspekte für sich ganz persönlich gestalten.
Und doch haben alle Menschen mit einer reformatorisch geprägten Lebenshaltung etwas gemeinsam:
Sie haben keine Angst. Ihr Leben wird bestimmt durch Liebe und Besonnenheit. So steht es in der Bibel.
Paulus hat dazu geschrieben: Gott gibt uns nicht den Geist der Angst, sondern des Mutes und der Liebe und der Besonnenheit.
Genau nachlesen kann man diesen Satz in der Bibel.
Er steht im zweiten Brief, den Paulus an seinen Mitarbeiter Timotheus geschrieben hat.
Man findet die Stelle in der Bibel unter der Abkürzung: 2. Tim 1,7.

 

 

Gott vertrauen. Sicher an Gott glauben

Zu einer reformatorisch geprägten Lebenshaltung gehört die Gewissheit:
Der Glaube ist ein Geschenk.
Es geht nicht darum, ob alles, was die Kirche sagt, richtig ist.
Und es geht auch nicht darum, wie oft man betet oder in die Kirche geht.
Im Mittelpunkt des reformatorischen Glaubens steht das Vertrauen:
Es gibt Gott. Gott ist das Geheimnis der Welt.
Wir sind alle von Gott gewollt. Gott liebt uns so, wie wir sind.
Wir haben alle eine menschliche Würde und die können wir niemals verlieren. Gott befreit uns von unseren Ängsten und ermutigt uns zu einem neuen Leben.

Im evangelischen Glauben ist es erlaubt, kritisch zu sein.
Nur so ist es möglich, Fehler und Schlechtes im Glauben zu erkennen.
Der Glaube steht der Wissenschaft und Aufklärung daher offen gegenüber.
Das Gespräch zwischen Wissenschaft und Glaube hilft zum Beispiel zu erkennen:
Was ist an unserem Glauben nicht stimmig? Wird die Religion von manchen Menschen missbraucht?
Gläubige stellen aber auch kritische Fragen an die Wissenschaft. Sie fragen:
Ist das, was die Wissenschaft erforscht, gut für die Menschen?
Wie gehen wir mit unseren wissenschaftlichen Erkenntnissen um?
Was darf die Wissenschaft?

Es gehört zu den Aufgaben des Glaubens, den Missbrauch der Religion zu bekämpfen: friedlich aber gezielt.  

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet Gott vertrauen für mein eigenes Leben?


Wir glauben: Es gibt Gott.
Gott liebt alle Menschen.
Gott liebt uns so, wie wir sind.
Da sind wir uns sicher.


 

Demütig werden. Niemand ist ohne Schuld

Demütig sein, ist in der Religion etwas Gutes.
Demütig sein, heißt:
Ich denke nicht nur an mich. Ich bin Teil einer großen Gemeinschaft.
Und ich handele so, wie es für die Gemeinschaft gut ist.
Wie wir demütig werden, zeigt uns die Geschichte von Jesus Christus.

Der Glaube an Jesus Christus steht im Mittelpunkt der reformatorisch geprägten Lebenshaltung.
Die Geschichte von Jesus erzählt von seinem Leben, von seinem Leiden und von seiner Auferstehung.
Das Zeichen dafür ist das Kreuz. Das Kreuz ist das Zeichen des Leidens.
Im christlichen Glauben wird das Kreuz gleichzeitig zum Zeichen der Hoffnung. Es steht auch für Vergebung und Liebe.

Die Geschichte von Jesus lässt uns Mitleid empfinden für menschliches Leiden. Die Geschichte von Jesus zeigt uns auch, wie Menschen sich schuldig machen. Gegenüber Jesus haben sie sich ungerecht, böse und gewalttätig verhalten.

Wir alle machen uns manchmal schuldig durch unser Verhalten.
Wir lassen andere Menschen leiden, manchmal auch unbewusst.
Daher sind wir alle auf Vergebung angewiesen.
Gott hat den Menschen ihre Schuld vergeben.
Gott nimmt uns so an, wie wir sind, mit unserer Schuld.

Und so wie Gott zu uns Menschen ist, so wollen auch wir zu unseren Mitmenschen sein.
Wir wollen unseren Mitmenschen mit Liebe begegnen und ihnen vergeben.
Wir setzen uns für andere Menschen ein.
Wir kämpfen für alle, die keinen Mut mehr haben.
Dabei haben wir keine Angst. Denn wir wissen, dass Gott uns vergibt.
Das Kreuz macht uns dafür bereit. 

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet demütig werden für mein eigenes Leben?


Jesus ist der Sohn von Gott.
Jesus hilft Menschen.
Er verzeiht ihnen, wenn sie Fehler machen.
Christen sollen so handeln wie Jesus.


 

Freiheit leben. Der Glaube macht uns innerlich stark

Eine reformatorisch geprägte Lebenshaltung hilft dem Menschen dabei, selbstbewusst und offen durchs Leben zu gehen.
Sie bestärkt den Menschen in seiner inneren Freiheit.
Innere Freiheit heißt: Unsere Zufriedenheit hängt nicht so sehr von äußeren Lebensumständen und der Meinung von anderen ab.

Der reformatorisch gläubige Mensch ist offen gegenüber seinen Mitmenschen und der Welt.
Sein Glaube gibt ihm Kraft für das Leben in der Familie, bei der Arbeit und für andere wichtige Aufgaben.

Ein Leben im reformatorischen Glauben wirkt sich auf unsere Persönlichkeit aus.
Es kann uns neue Ideen geben, es kann uns mitfühlend und empfindsam machen.
Es öffnet uns auch für die Kultur, zum Beispiel für Musik, Literatur, Bildung und Wissenschaft.
Gottes Wort stärkt die Menschen in ihrem Leben.
Es kann trösten, Mut machen und Hoffnung geben.
Vielen Menschen hilft es, sich mit der Religion zu beschäftigen und sie auszuüben. Es hilft ihnen, ihr eigenes Selbst zu stärken und für andere Menschen da zu sein.

Wir können unseren Glauben stärken, wenn wir in der Bibel lesen oder
wenn wir schöne Gottesdienste besuchen.
Wir können den Glauben stärken, wenn wir regelmäßig beten oder meditieren.
Auch Zeiten der Stille können den Glauben stärken.

Auf diesem Weg entwickeln wir unsere innere Freiheit.
Die EKD nennt diese Freiheit: evangelische Freiheit.
Die evangelische Freiheit hilft uns in unserem täglichen Leben.

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet innere Freiheit für mein eigenes Leben?


Der Glaube gibt uns Kraft.
Wer stark ist, kann auch anderen helfen.


 

Widerständig sein. Die Werte unserer Gesellschaft schützen

Eine reformatorisch geprägte Lebenshaltung bekennt sich klar zu einer Gesellschaft in Freiheit und Demokratie.
Sie ermutigt Menschen dazu, am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Das war nicht immer so.
Zu früherer Zeit war die Kirche eng mit den Herrschern verbunden.
Der Protestantismus in Deutschland hat sich daher lange Zeit schwer getan mit der Demokratie.
Die offene Gesellschaft hat sich erst mit der Zeit entwickelt.
Der Protestantismus hat viel dazu beigetragen.
Er hat immer wieder auf wichtige Dinge hingewiesen:

Der Glaube sagt, dass der Mensch innerlich frei ist.
Er darf nach seinem Gewissen entscheiden.
Der Glaube darf kritisch sein, auch gegenüber Herrschern.
Vor Gott sind alle Menschen gleich.
Außerdem wurde das weltliche Leben, das Leben außerhalb der Kirche, für die Menschen immer wichtiger.
So hat sich mit der Zeit ein modernes politisches Bewusstsein entwickelt.

Die reformatorisch geprägte Lebenshaltung zeichnet sich dadurch aus,
dass die Menschen ihre Werte verteidigen:
Sie leisten Widerstand, wenn Menschen ihre Macht missbrauchen.
Sie leisten Widerstand gegen Fundamentalismus, das heißt gegen Menschen, die keine andere Glaubensrichtung akzeptieren als ihre eigene.
Sie leisten Widerstand, wenn gesellschaftliche Minderheiten ungerecht behandelt werden.

Der Protestantismus macht mit, wenn wichtige gesellschaftliche Themen diskutiert werden.
Der Protestantismus setzt sich dafür ein, dass jeder Mensch selbstbestimmt leben kann. 

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet widerständig sein für mein eigenes Leben?


Vor Gott sind alle Menschen gleich.
Alle sollen in der Gesellschaft mitmachen.
Dafür setzen wir uns ein.


 

Empfindsam bleiben. Sich selbst und andere verstehen

Die Grundlage für eine reformatorisch geprägte Lebenshaltung ist ein eigenverantwortlicher und aufgeklärter Glaube.
Aufgeklärt heißt, dass auch Zweifel erlaubt sind.

Im Mittelpunkt steht die Bibel.
Die Bibel gibt den Menschen Kraft für ihr religiöses Leben.
Und sie gibt den Menschen Orientierung für das weltliche Leben.

Die Bibel hilft uns, wenn wir uns selbst kritisch fragen:
Ist es gut und richtig, wie wir leben?
Die Bibel hilft uns auch dabei, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen und sie zu verstehen.

Unser Glaube lebt durch unsere Beziehung zu Gott.
Im Alltag zeigt unser Glaube sich in der Liebe zu unseren Mitmenschen:
zu Menschen in unserer Nähe ebenso wie zu Menschen überall auf der Welt.
Durch diese Art, den Glauben zu leben, entwickeln wir unsere christliche Persönlichkeit.
Wir nennen diese persönliche Entwicklung: christliche Persönlichkeitsbildung. Die eigene Persönlichkeitsbildung ist für die Christen ein wichtiger Teil von Bildung.

Die christliche Persönlichkeitsbildung hilft uns dabei, uns in einer immer komplizierteren Welt zurechtzufinden.
Sie ermöglicht uns, auch Menschen zu verstehen, die anders denken und leben als wir.
Und sie macht uns empfindsam für den Kummer und das Leid anderer Menschen.

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet empfindsam bleiben für mein eigenes Leben?


Manchmal wissen wir nicht:
Was ist gut und richtig für unser Leben?
Dann können wir in der Bibel lesen.
Die Bibel kann uns dabei helfen,
Antworten auf unsere Fragen zu finden.


 

Heimat finden. Der Glaube gibt den Menschen ein Zuhause.

Menschen können ihren Glauben selbstbestimmt und für sich allein ausüben.
Sie können ihren Glauben auch in einer Gemeinschaft mit anderen ausüben.
Zu einer reformatorisch geprägten Lebenshaltung gehört beides dazu.

Im evangelischen Glauben ist es erlaubt, sich seine eigenen Gedanken zu machen und der Kirche gegenüber kritisch zu sein.
Aber ein Glaube, der für sich allein bleibt, kann leicht verloren gehen.
Es tut gut, den Glauben auch in der Gemeinschaft zu leben.
Die Gemeinschaft stärkt den Glauben.
Der Austausch mit anderen Menschen gibt uns neue Ideen.
Gemeinsame Erfahrungen können hilfreich sein.
Wir erinnern uns gern an gemeinsame Erlebnisse:
Das kann ein großes Ereignis sein, wie zum Beispiel ein Kirchentag, eine kleine Gebetsstunde oder der regelmäßige Gottesdienst.

Für Menschen, die christlich glauben, gibt es auf ihrem Lebensweg persönliche Feste: Taufe, Kinderkirche, Konfirmation, kirchliche Hochzeit und christliche Bestattung.
Diese Feste markieren die einzelnen Lebensabschnitte und reichen von der Geburt über die Kindheit und das Erwachsenwerden bis zum Tod.
Und es gibt Feste für die christliche Gemeinschaft, die alle Christen zusammen feiern.
Sie finden regelmäßig statt und sind eine heilsame Unterbrechung des Alltags. Dazu gehören zum Beispiel der wöchentliche Sonntag und die jährlichen Feste Ostern, Pfingsten und Weihnachten.

In christlichen Gemeinschaften spielt auch die Musik eine wichtige Rolle: zusammen singen, der Kirchenchor, der Posaunenchor und die Orgel,
aber auch moderne Instrumente, wie Schlagzeug und Keyboard, klassische Musik von Johann Sebastian Bach und moderne Popmusik.
Kirchengebäude prägen unsere Landschaften. Wir sehen Kirchen in fast jedem Dorf und auf vielen großen Plätzen in den Städten.

Die Feste, die Kirchen und die Musik gehören zu unserm Leben.
All das ist uns vertraut.
Das ist der Grund, warum wir uns in unserem christlichen Glauben zu Hause fühlen.  

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet Heimat finden für mein eigenes Leben?


Zum Glauben gehört die Gemeinschaft:
Wir singen zusammen oder gehen in die Kirche.
Wir feiern zusammen Feste,
wie zum Beispiel Weihnachten oder Ostern.


 

Ausatmen können. Das Leben genießen

Eine reformatorisch geprägte Lebenshaltung geht davon aus:
Der Mensch ist nicht allein verantwortlich für das, was in der Welt geschieht. Diese Last müssen wir nicht tragen.
Was jetzt und in Zukunft passiert, hängt nicht nur davon ab, was wir tun oder nicht tun.
Wir können auf Gott vertrauen. Bei allem was wir tun.

Das Vertrauen zu Gott hilft uns, von uns selbst nicht zu viel zu verlangen,
uns nicht zu überfordern und nicht zu überlasten.
Es hilft uns, wenn wir Angst haben
Hierfür sind wir dankbar.
Wir können gelassen sein.
Wir können feiern und genießen.
Mit einer reformatorisch geprägten Lebenshaltung wissen wir:
Jeder Tag hat seine eigene Sorge und sein eigenes Glück.

Das Jubiläum 2017 ist ein Anlass, sich zu fragen:
Was bedeutet ausatmen können für mein eigenes Leben?


Manchmal haben wir Angst,
dass wir etwas nicht schaffen.
Dann können wir auf Gott vertrauen.
Gott hilft uns.



 

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