„... damit ihr nicht traurig seid“ - Christlicher Umgang mit Sterben und Tod

Eine Handreichung der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland und der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2018

Formen der Bestattung

Das Handeln der Kirche im Umfeld von Sterben und Tod

„Du bist Erde und sollst zu Erde werden“
(Genesis 3,19)

Unser Leben kommt von Gott. Im Tod vertrauen wir Christinnen und Christen darauf, dass unser Leben wieder zu Gott zurückkehrt. Dieses Vertrauen wird in unseren Begräbnisgottesdiensten zum Ausdruck gebracht. Dort stellen wir unseren Abschied von einem nahestehenden Menschen in das Licht der Verheißung der Auferstehung und des kommenden Lebens bei Gott. Wie Gott uns aus Erde gemacht hat, so kehren wir zur Erde zurück. Auch deshalb feiern unsere Kirchen seit ältester Zeit die Erdbestattung.


Evangelisch:

Die vollständige Form der evangelischen Bestattung besteht aus der Aussegnung des Verstorbenen am Sterbeort, dem Weggeleit an den Aufbahrungsort und von dort zur Grabstätte und dem mit der Erdbestattung verbundenen Trauergottesdienst in der Leichenhalle oder in der (Friedhofs-)Kirche. Sie reduziert sich jedoch zunehmend auf den Trauergottesdienst und die kirchliche Handlung am Grab. Der steigende Anteil der Feuerbestattungen führt dazu, dass der gottesdienstliche Abschied im Krematorium selbst oder in einer Aussegnungshalle vollzogen wird. Die dann einige Zeit später stattfindende Urnenbeisetzung kann ebenfalls mit kirchlicher Begleitung geschehen. Die evangelische Kirche reagiert damit auf den gesellschaftlichen Wandel der Formen der Bestattung. Wichtig ist, dass im Trauergottesdienst Gottes Hoheit über Leben und Tod bekannt wird und dass die Würde des Verstorbenen als unverwechselbares Geschöpf Gottes gewahrt bleibt. Aus seelsorglicher Perspektive ist darauf zu achten, dass die Trauer um die Verstorbenen durch die Form der Bestattung nicht behindert wird. Wir befehlen sie der Gnade Gottes an und vergewissern uns im dankbaren Rückblick auf ihr Leben ihres Seins bei Gott. Im gedenkenden Erinnern vor Gott im Gottesdienst und im Gebet bleiben wir mit den Verstorbenen für den Rest unseres irdischen Lebens auf eine nun veränderte Weise verbunden.


Orthodox:

Für die orthodoxe Kirche ist die Erdbestattung die angemessene Bestattungsform. Bei Feuerbestattungen ist eine liturgische Begleitung in der Regel ausgeschlossen, vor allem wenn die Feuerbestattung als Ausdruck der Ablehnung des christlichen Auferstehungsglaubens verstanden wird. Auch andere Formen der Bestattung (zum Beispiel die Seebestattung) werden von der orthodoxen Kirche abgelehnt. Die Einmaligkeit jedes Menschen als Geschöpf Gottes beinhaltet das Anrecht auf eine tatsächliche Ruhestätte, die mit einem Kreuz als Zeichen der Auferstehung gekennzeichnet wird. Aus diesem Grund ist der orthodoxen Kirche auch die anonyme oder grablose Bestattung fremd.

Den orthodoxen Begräbnisgottesdienst feiert die Gemeinde mit dem Verstorbenen. Die Anwesenheit des Leichnams ist zwingend erforderlich. Der Verstorbene ruht üblicherweise im offenen Sarg in Richtung Osten bzw. in Richtung des Altars und des wiederkommenden Christus. Häufig wird dem Verstorbenen dabei eine Ikone in die Hände gelegt. Der zentrale Inhalt der Verkündigung in diesem Gottesdienst ist der Glaube an die Auferstehung Christi, die damit verbundene Überwindung des Todes sowie die allgemeine Auferstehung der Toten. Die biographischen Daten des Verstorbenen spielen eine untergeordnete Rolle.

Die Verabschiedung des Verstorbenen durch die Familie, die Angehörigen und die Gemeinde findet mit dem sogenannten „letzten Kuss“ statt. Dabei tritt jeder an den Sarg, bekreuzigt sich, küsst den Entschlafenen oder die Auferstehungsikone und verabschiedet sich so von ihm, während folgendes Lied gesungen wird:

Die ihr mich hier sprachlos und ohne Atem liegen seht, weinet über mich, ihr Brüder und Schwestern, Freunde, Verwandte und Bekannte! Denn gestern habe ich noch mit euch Gespräche geführt. Plötzlich überfiel mich die furchtbare Stunde des Todes. So kommt denn alle, die ihr mich geliebt, und küsst mich mit dem letzten Kuss! Nicht mehr werde ich mit euch einhergehen, noch Gespräche mit euch führen. Ich gehe hin zu dem Richter, bei dem kein Ansehen der Person gilt. Dort stehen gemeinsam der Knecht und der Gebieter, der Herrscher und der Untertan, der Reiche und der Arme: alle in gleicher Würde. Denn ein jeder wird nur nach den eigenen Werken Ruhm oder Schmach haben. Euch alle aber bitte ich und flehe ich an: Betet inständig für mich zu Christus, unserem Gott, dass ich nicht wegen meiner Sünden herabgeführt werde zum Ort der Qual, sondern dorthin gelange, wo das Licht des Lebens ist.
Gottesdienst für verstorbene orthodoxe Christen

Nach dem Abschlussgebet, in dem der Priester um Vergebung aller freiwilligen und unfreiwilligen Sünden für den Verstorbenen bittet, wird der Sarg zur Grabstelle getragen. Am Grab wird ein kurzes Gebet (Trisagion / Panichida) gesprochen, das mit dem Gesang „Ewiges Gedenken“ schließt.

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