„... damit ihr nicht traurig seid“ - Christlicher Umgang mit Sterben und Tod

Eine Handreichung der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland und der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2018

Geleitwort

In seinem ersten Brief an die Thessalonicher tröstet der Apostel Paulus die Gemeinde wegen des Todes von Gemeindemitgliedern und spricht von der Gewissheit der Auferstehung Jesu. Durch ihren Glauben an die Auferstehung sind die Christen Kinder des Lichts geworden und müssen den Tod nicht fürchten: „Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen“ (1. Thessalonicher 4,13-14). Die Christinnen und Christen gehören bereits zu einer neuen Welt, in der der Tod keine Kraft mehr hat.

Trost erfährt die christliche Gemeinde durch Worte und durch Handlungen. Durch die Taufe, die Eucharistie / das Abendmahl und die übrigen Formen gemeinsamen Lebens und Betens gibt sie ihrem Verständnis des Glaubens als Teilhabe an einer neuen Realität Ausdruck. Nach diesem Glauben betrifft die Auferstehung den Menschen als Ganzen. Deshalb wünscht der Apostel den Christen in Thessaloniki, ihr „Geist“, ihr „Leib“ und ihre „Seele“ mögen bei Gott bewahrt und von ihm vollendet werden (vgl. 1. Thessalonicher 5,23). In dieser Weise bietet der Glaube an die Auferstehung des Gekreuzigten Trost für alle Christen.

Diesen Trost spendet die Kirche, indem sie die Begleitung von Sterbenden und ihren Angehörigen als zentrale Aufgabe wahrnimmt. Die Bewältigung der Grenzerfahrung des Todes ist keine ausschließlich individuelle Angelegenheit, sondern die Aufgabe der Gemeinschaft der an Christus Glaubenden. Denn Christinnen und Christen glauben, dass Christus von den Toten auferstanden ist und den Tod besiegt hat. Christliche Bestattungstradition ist damit Dienst an den Toten und an den Lebenden, deren neue Zusammengehörigkeit in Christus als Übergang vom Tod zum neuen Leben sichtbar gemacht wird.

In der seelsorglichen und liturgischen Praxis unterscheiden sich die orthodoxe und die evangelische Kirche nach ihren Handlungen und Formen. Dadurch können Fragen entstehen, die nach gemeinsamen Antworten verlangen. Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland und die Evangelische Kirche in Deutschland geben mit dieser Handreichung, die das Ergebnis der Arbeit einer gemischten Kommission ist, Empfehlungen und Hinweise für gemeinsames seelsorgerliches Handeln. Diese richten sich an Sterbende und ihre Angehörigen sowie an alle diejenigen, die diese begleiten. Zudem ist das Heft die Frucht der jahrzehntelangen Begegnung zwischen evangelischen und orthodoxen Christen in Deutschland und ermutigt zu wachsender Gemeinschaft.

Möge unser Gott allen Lesern dieses Heftes Zuversicht, Hoffnung und Trost spenden und mögen die Seelen der Verstorbenen „in seine Ruhe eingehen“ (Hebräer 4,3).

Bonn und Hannover, im März 2018

Metropolit
Dr. h.c. Augoustinos von Deutschland
Vorsitzender der
Orthodoxen Bischofskonferenz
in Deutschland

Landesbischof
Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Vorsitzender des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland

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