Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel Europa - Informationen Nr. 155

Kurze Meldungen

EP/European Sunday Alliance: Am 04. Mai 2017 hat das fünfte Treffen der von der Europäischen Sonntagsallianz getragenen Interest Group „Work-Life-Balance“ im Europäischen Parlament stattgefunden. Während des fünften Treffens diskutierten fast 60 Teilnehmer über Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit. Vertreter von „Volkswagen“ und „Allianz“ stellten die aktuellen „best practice“-Beispiele in ihren Unternehmen vor, die von flexiblen Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung bis hin zu einer „keine E-Mails nach Feierabend“-Politik reichen. Die Erwartungen der Arbeitnehmer hätten sich dabei über die Jahre hin gewandelt. Früher seien das Gehalt und ein Auto die Entscheidungskriterien für eine Arbeitsstelle gewesen, während heute die Möglichkeiten das Handy im Urlaub abzugeben oder eines „Sabbaticals“ im Vordergrund stünden. Eine Vertreterin der Ständigen Vertretung Frankreichs bei der EU stellte das seit dem 1. Januar 2017 in Kraft getretene “Recht, abzuschalten” vor. Dieses verpflichtet Firmen ab 50 Mitarbeiter mit ihren Arbeitnehmern Regelungen auszuhandeln, wann Arbeitnehmer etwa nach Feierabend E-Mails und SMS ignorieren können. Das Gesetz sieht allerdings weder den konkreten Inhalt des Rechts noch Sanktionen vor. Oscar Vargas Llave, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound), stellte die aktuellen Ergebnisse einer gemeinsamen Studie mit der Internationalen Arbeitsorganisation über die Auswirkungen von Telearbeit und neuen Informationen und Kommunikationstechnologien auf die Arbeitswelt vor. Die Ergebnisse seien dabei sehr ambivalent. Einerseits könnten die neuen Technologien zu mehr Flexibilität und damit höherer Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen. Gleichzeitig sei aber eine zunehmende Überschneidung von Berufs- und Privatleben und Arbeitsintensivierung zu beobachten. Zudem bestehe die Gefahr, dass geschlechterspezifische Rollenbilder verfestigt würden, indem Frauen die neugewonnene Flexibilität zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie nutzen würden, Männer zur Verfolgung ihrer Karriere. 

          
JME

 

KOM/Europäische Migrationsagenda: Die Europäische Kommission hat Anfang Juni 2017 die Halbzeitüberprüfung der Europäischen Migrationsagenda (EMA) eingeläutet. Die Europäische Migrationsagenda, die im Mai 2015 veröffentlich worden war, sollte einerseits durch kurzfristige Sofortmaßnahmen auf die Krisensituation im Mittelmeerraum reagieren und durch langfristige Maßnahmen die Schieflage der europäischen Asyl- und Migrationspolitik korrigieren  (EKD Europa-Informationen Nr. 148). Die EMA baut auf vier Säulen auf: Anreize für die irreguläre Migration reduzieren, Grenzmanagement: Rettung von Menschenleben und Sicherung der Außengrenzen, eine starke gemeinsame Asylpolitik, eine neue Politik für legale Migration. Teil der kurzfristigen Maßnahmen sind die Umverteilungen von Asylbewerbern aus Italien und Griechenland. Die Kommission führt zur Halbzeitbewertung schriftliche und mündliche Konsultationen durch. Das Brüsseler EKD-Büro nahm u.a. an der Konsultation vom 19. Juli 2017 mit der Kommission teil. In ihrer schriftlichen Stellungnahme weist die EKD-Vertretung u.a. daraufhin, dass die Nutzung von Hotspots zu der automatischen und umfassenden Inhaftierung von Asylbewerbern geführt habe, obwohl Haft grundsätzlich nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden sollte, wenn keine andere Alternative vorhanden ist. Dieser Trend zur Nutzung von Haft zur Erleichterung des Verfahrensablaufs sei zudem in verschiedenen Mitgliedstaaten zu beobachten und findet sich auch in der Mitteilung der Kommission zu Rückführungen wieder.

Den Beitrag des EKD-Büros finden Sie hier:
http://ekd.be/european_agenda_on_migration

JME

 

​EU/CEAS: Der Umbau des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (CEAS) kommt nur langsam voran. Während der zuständige  Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments inzwischen sowohl seine Position zum Vorschlag zur Qualifikationsverordnung als auch zur Aufnahmebedingungenrichtlinie angenommen hat, musste die Abstimmung über den Bericht zur Dublin-Verordnung auf einen Termin nach der Sommerpause verschoben werden. Der Berichtsentwurf zur Asylverfahrensverordnung liegt dem LIBE-Ausschuss seit Mitte Mai vor. Bis Ende Juni konnten die Abgeordneten hierzu Änderungsanträge einreichen. Im Rat ist die Situation noch verfahrener. Einzig die Diskussion zu der Qualifikationsverordnung konnte deutliche Fortschritte verzeichnen. Am 19. Juli 2017 hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter im Namen des Rates ein Mandat für Verhandlungen über die Qualifikationsverordnung gebilligt. Auf Grundlage dieses Mandats wird der Vorsitz so bald wie möglich Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufnehmen. Auf die Kernfrage, wie sich Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ausgestalten soll und damit die Frage nach der Reform der Dublin-Verordnung gibt es im Ministerrat nach wie vor keine Antwort.


JME

 

EU-Rat/Operation Sophia: Der Rat hat am 25. Juli 2017 das Mandat der seit 2015 laufenden EUNAVFOR MED Operation SOPHIA einstimmig bis zum 31. Dezember 2018 verlängert. Die EU-Marineoperation soll das Geschäftsmodell der Schleuser im südlichen zentralen Mittelmeer zerschlagen. Zudem unterstützt sie die Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine und soll einen Beitrag zur Umsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen auf hoher See vor der Küste Libyens leisten.


Wegen Vorbehalten seitens Italiens war bis zuletzt unklar, ob das Ende Juli auslaufende Mandat für die Operation verlängert werden kann. Nach Zahlen des UNHCR sind seit Jahresanfang 93.000 Migranten und Flüchtlinge über das Mittelmeer in italienischen Häfen angelandet, die zuvor aus Seenot gerettet worden waren. Italien wünscht sich mehr Solidarität von den EU-Partnern bei der Aufnahme.

Den Link auf die PM des Rates finden Sie unter: http://ekd.be/eunavfor_med_operation_sophia

KH

 

KOM/Polen: Die EU-Kommission hat am 26. Juli 2017 Maßnahmen gegen die umstrittene polnische Justizreform beschlossen. Der Erste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, kündigte in Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des am 25. Juli unterzeichneten polnischen Gesetzes über die ordentliche Gerichtsbarkeit an. Die Kommission werde einen formalen Bescheid dazu versenden, sobald der Gesetzestext veröffentlicht sei.


Zudem hat Brüssel Empfehlungen zur Rechtsstaatlichkeit nach Warschau versandt, da die Kommission befürchtet, dass die Gesetze zur Justizreform in ihrer aktuellen Fassung zu einer strukturellen Aushöhlung der Unabhängigkeit der polnischen Justiz führen werden. Brüssel könne außerdem jederzeit ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einleiten,  der als letzte Maßnahme den Entzug des Stimmrechts im Rat vorsieht, sollte die polnische Regierung Richter am obersten Gericht des Landes entlassen.
 

KH