Europa - Informationen Nr. 160

13 Mrd. für den Verteidigungsfonds: EU will zum viertgrößten Investor in Europa werden

Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen wird wohl einen Europäischen Verteidigungsfonds beinhalten. Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) hat mit seiner Abstimmung am 25. März 2019 den Weg frei gemacht, damit das Europäische Parlament noch in seiner letzten Sitzungswoche am 17. April 2019 dem mit dem Ministerrat ausgehandelten Kompromiss zustimmen kann.
Die Europäische Kommission hatte im Juni 2018 den Vorschlag für die Errichtung eines 13 Mrd. € schweren Fonds zur Förderung der Verteidigungsforschung und -entwicklung (siehe EKD Europa-Informationen Nr. 159) veröffentlicht. Der Fonds soll durch finanzielle Anreize zu mehr Kooperation und Koordination zwischen den Mitgliedstaaten bei der Forschung und Entwicklung im Verteidigungsbereich sorgen. So möchte die EU die fehlende Abstimmung und damit einhergehende Doppel- und Dreifachstrukturen überwinden und für mehr Interoperabilität sorgen. Noch im Jahr 2018 legten beide Gesetzgeber – das Europäische Parlament und der Ministerrat – ihre jeweiligen Positionen fest.
Hatte es im Januar 2019 zunächst noch nach schwierigen Verhandlungen im Trilog ausgesehen, einigte man sich am 19. Februar 2019 überraschend schnell. Zwischen den Verhandlungspartnern waren Fragen rund um die Ethik-Grundsätze, die Beteiligung von Drittstaaten, die Mittelverwaltung des Fonds sowie die Exporte von Forschungsergebnissen umstritten.
Bezüglich der ethischen Grundsätze hält der jetzige Kompromiss fest, dass die Bewertung, ob ein Vorhaben ethisch vertretbar sei, durch die Kommission mit Hilfe von unabhängigen Experten erfolgen müsse. Dabei seien nicht nur Vorschriften des nationalen Rechts, des Unions- und Völkerrechts maßgeblich, sondern auch die Europäische Grundrechte-Charta müsse berücksichtigt werden. Vorhaben, die nicht ethisch vertretbar seien, müssten abgelehnt werden. In der Verordnung wird zudem nun explizit darauf verwiesen, dass tödliche autonome Waffen ohne wirksame menschliche Kontrolle über die Auswahl- und Einsatzentscheidung gegen Menschen nicht förderfähig sind. Weitergehende Forderungen des Parlamentes hinsichtlich Brandwaffen setzten sich nicht durch.
Die Mittel des Fonds werden zum Großteil direkt verwaltet, d.h. durch die Europäische Kommission vergeben. In berechtigten Ausnahmefällen soll eine indirekte Mittelverwaltung durch die Mitgliedstaaten möglich sein. Für Exporte liegt nach wie vor die ausschließliche Kompetenz bei den Mitgliedsstaaten. Nicht durchsetzen konnte sich das Parlament mit der Forderung, dass u.a. das Arbeitsprogramm durch die Kommission im Wege eines delegierten Rechtsaktes erlassen wird. Der Kompromiss sieht hier nun den Erlass im Rahmen von Durchführungsakten vor und liegt damit in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
Die Gesetzgeber haben sich zudem darauf geeinigt, die Frage der Beteiligung von Drittstaaten mit Blick auf den Brexit ebenso offen zu lassen wie die Finanzierung des Verteidigungsfonds. Letzteres wird im Rahmen der Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen geklärt werden.
Scharfe Kritik an der Einigung kam etwa vom sicherheitspolitischen Sprecher der Grünen, Reinhard Bütikofer, der den Kompromiss einen Skandal nannte. Man habe sich auf „ein Konjunkturprogramm für die Rüstungsindustrie geeinigt, ohne jegliche parlamentarische Beteiligung an dem siebenjährigem 13 Milliarden-Programm.“
Kritik kam auch vom Europäischen Netzwerk gegen Waffenhandel „ENAAT“. Über die fehlende parlamentarische Kontrolle hinaus, sei auch die ethische Bewertung weder transparent noch glaubhaft. Darüber hinaus fehle es am vollständigen Ausschluss von Massenvernichtungswaffen wie etwa Weißem Phosphor in der Verordnung.
Begrüßt wurde das Ergebnis dagegen von Michael Gahler (CDU), sicherheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Der Verteidigungsfonds sei ein Meilenstein auf dem Weg zur Vollendung der Verteidigungsunion. Er könne „einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, einen effizienteren Mitteleinsatz und einen höheren Grad an Interoperabilität des gemeinsam geplanten und beschafften Geräts zu bewirken“.
Es bleibt abzuwarten, ob sich am 17. April 2019 im Plenum eine Mehrheit für den Verteidigungsfonds findet oder ob die Zugeständnisse etwa im Hinblick auf das parlamentarische Mitspracherecht bei der Umsetzung des Fonds zu groß waren.

Den Kompromisstext finden Sie hier: http://bit.ly/ekd-NL-160_ASuV-2
Die Pressemitteilung von ENAAT finden Sie hier: http://bit.ly/ekd-NL-160_ASuV-3

 

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