Europa - Informationen Nr. 160
Noch mehr Erasmus+ - Das Erasmus+-Programm ab 2021
Dorothee Ammermann
Nach wie vor verhandelt die Europäische Union über die Neuauflagen des Erasmus+-Programms für die Programmlaufzeit 2021 bis 2027. Jüngst fanden nun die Abstimmungen im Plenum des Europäischen Parlaments am 28. März 2019 und dem zuständigen Ausschuss für Kultur und Bildung am 4. März 2019 statt.
Dorothee Ammermann
Die nun vom Europäischen Parlament verabschiedete Position sieht dabei einige relevante Veränderungen der Verordnung gegenüber dem Vorschlag der Europäi-schen Kommission vor. So soll, begrüßenswerterweise, nach dem Willen des Europäischen Parlaments der Programmname Erasmus+ beibehalten werden. Somit könnte eine erneute Änderung des Programmnamens abgewendet werden. Noch wichtiger aber, die bessere Sichtbarkeit der verschiedenen Programmteile (z.B. Jugendbegegnungen, Studentenaustausche, Austausche in der Berufsbildung, Begegnungen in der Erwachsenenbildung, etc.) könnte erhalten bleiben. Zudem soll das Erasmus+-Programm nach dem Willen des Europäischen Parlaments noch inklusiver werden. In diesem Sinne sollen finanzielle Mehrbedarfe für Inklusion besser gedeckt werden. Außerdem soll die Reichweite des Programms noch einmal erhöht werden. So sollen z.B. Mobilitäten in und aus den Randgebieten der EU stärker (finanziell) gefördert werden.
Eine weitere wichtige Forderung des Europäischen Parlaments betrifft das finanzielle Volumen des Erasmus+-Programms. Hier fordert das Europäische Parlament über die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verdopplung des Budgets hinaus sogar eine Verdreifachung des selbigen. Dabei soll es – so der Wunsch des Europäischen Parlaments – zu Beginn der neuen Förderperiode zunächst einen hohen finanziellen Aufwuchs geben, der dann linear gesteigert wird. Diese budgetbe-zogenen Forderungen des Europäischen Parlaments sind dabei ausgesprochen unterstützenswert.
Besonders zu begrüßen ist darüber hinaus auch die Forderung des Europäischen Parlaments nach einer Vereinfachung der Antragstellung, Abrechnung und Berichterstattung für einzelne Maßnahmen im Erasmus+-Programm, sowie eine Verbesserung der IT-Infrastruktur und eine rechtzeitige Bereitstellung von Formularen etc. Letztere hatten in der Vergangenheit Probleme bei der Antragstellung bereitet.
Verstärkt durch das Europäische Parlament behandelt wird gegenüber dem Vorschlag der Europäischen Kommission die Möglich-keit von „online-Begegnungen“. Diese sollen nach dem Willen des Parlaments als zusätzliche Komponente im Erasmus+-Programm immer dort eingesetzt werden können, wo physische Begegnungen aus den verschiedensten Gründen nicht möglich sind. Das Parlament betont dabei bereits selbst, dass „online-Begegnungen“ nicht dafür genutzt werden dürften, physische Begegnungen zu ersetzen und/oder zu verdrängen.
Darüber hinaus setzt sich das Europäische Parlament in seiner Positionierung grundsätzlich dafür ein, non-formale und informelle Bildungskomponenten innerhalb des Erasmus+-Programms zu stärken, was wiederum sehr zu begrüßen ist. Hiermit geht die ebenfalls durch das Parlament vorgetragene Forderung, Jugendarbeit insgesamt zu stärken, einher.
Problematisch bleiben in der Parlamentsposition zum Verordnungsvorschlag für die neue Laufzeit des Erasmus+-Programms im Wesentlichen zwei Aspekte: Dies ist zum einen die Tatsache, dass innerhalb des Erasmus+-Programms vereinzelt Bildungsangebote immer noch mit einer starken arbeitsmarktlichen Verzweckung verbunden sind.
Zum anderen ist und bleibt das DiscoverEU-Programm (das es 18-jährigen Europäeri*innen ermöglicht mit einem kostenlosen Interail-Ticket die EU zu bereisen) ein Problemfall innerhalb des Erasmus+-Programms, auch wenn das Europäische Parlament in seiner Position einige substantielle Verbesserungen innerhalb des Programmes festschreibt. Hierzu gehört die Forderung nach einer starken und nachprüfbaren Lernkomponente für das DiscoverEU-Programm und die Forderung nach einer ständigen Weiterentwick-lung des Programms. Unterstützt wird dies durch die Forderung nach Vor- und Nachbereitungsseminaren (die durch Organisationen bereit gestellt werden), die u.a. Ausbildung im Bereich Sprache und interkulturelle Kompetenzen bieten sollen.
Grundsätzlich begrüßenswert ist auch die Ausweitung der Altersspanne für Teilnehmende des Discover-EU-Programms auf nun 18 bis 20 Jahre.
Sehr problematisch bleibt nach wie vor die Tatsache, dass das DiscoverEU-Programm in seiner Ge-samtkonzeption wenig schlüssig und nicht zu Ende gedacht wirkt. Ein überzeugendes Konzept für DiscoverEU als Bildungsangebot liegt nach wie vor nicht vor.
Mit der Abstimmung des Europäischen Parlaments über das Erasmus+-Programm stehen nun die Positionen aller an der europäischen Gesetzgebung beteiligten Institutionen fest und die Trilogverhandlungen können beginnen. Diese werden jedoch auf Grund der Europawahl am 26. Mai 2019 nicht vor Herbst diesen Jahres beginnen. Außerdem wird der weitere Verhandlungsverlauf auch vom Ausgang der Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union beeinflusst. Eine Verabschiedung des mehrjährigen Finanzrahmens zieht sich jedoch derzeit in die Länge (ein Abschluss der Verhandlungen wird derzeit für das Jahr 2020 erwartet). Somit ist auch ein endgültiger Abschluss der Verhandlungen des Erasmus+-Programms zeitlich nicht terminierbar. Sollte ein Ver-handlungsabschluss wie mancher Orts befürchtet erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 gelingen, könnten ggf. Probleme beim Start des Programms drohen, wie es sie auch 2014 beim Start der jetzigen Programmlaufzeit des Erasmus+-Programms gab.
Hier finden Sie die Parlamentsposition zur Erasmus+-Verordnung: http://bit.ly/ekd-NL-160_JBuK-2