Europa - Informationen Nr. 158
Kurze Meldungen
EuGH/Familienzusammenführung:
Der EuGH hat in der Rechtssache C-550/16 am 12. April 2018 entschieden, dass ein unbegleiteter Minderjähriger, der während des Asylverfahrens und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung volljährig wird, sein Recht auf Familienzu-sammenführung behält. Entscheidende Frage in diesem Rechtsstreit war, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Eigenschaft als „Minderjähriger“ abzustellen ist. Denkbare zeitliche Anknüpfungspunkte sind die Antragstellung auf Asyl einerseits und die Antragstellung auf Familienzusammenführung andererseits.
Aus Sicht der niederländischen Behörden komme es aus Gründen der Rechtssicherheit auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Familienzusammenführung an. Demnach sei der Antrag mangels Vorliegen der Eigenschaft „Minderjähriger“ im maßgeblichen Zeitpunkt abzulehnen gewesen. Der EuGH erläutert dagegen, dass unter Berücksichtigung von Wortlaut, Struktur und Ziel der Richtlinie unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhanges der maßgebliche Zeitpunkt bestimmt werden müsse.
Das Urteil finden Sie unter:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-1
DP
EU/FRONTEX:
Mehr Geld für Grenzsicherung und Migrationsmanagement: Im Zuge des am 2. Mai 2018 vorgestellten Haushaltsentwurfs soll auch das Budget für den europäischen Grenz- und Küstenschutz (Frontex) massiv aufgestockt werden. Die bestehenden 1200 Planstellen sollen auf 10.000 erhöht werden. Insgesamt soll das Budget nach Angaben der Europäischen Kommission für das Grenz- und Migrationsmanagement (inklusive des Asyl- und Migrationsfonds AMF) von 12,4 Mrd. € im Zeitraum 2014-2020 um rund 160 % auf fast 33 Mrd. € erhöht werden – obwohl die langfristige Integration von Asylbewerbern, Migranten und Flüchtlingen nicht mehr Teil des AMF sein, sondern in den ESF+ eingegliedert werden soll (siehe vorangehender Artikel).
Nähere Informationen finden Sie im Vorschlag der EU-Kommission zum Haushalt 2021-2027 unter:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-2
UT
EuGH/Drittstaatsangehörige:
Der EuGH hat in der Rechtssache C-82/16 am 8. Mai 2018 entschieden, dass ein Antrag auf Familienzusammenführung auch dann zu bearbeiten ist, wenn er von einem Drittstaatsangehörigen, gegen den ein Einreiseverbot verhängt wurde, zum Zweck der Familienzusammenführung mit einem „statischen“ Unionsbürger gestellt wird, der nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Dies sei der Fall, wenn sich der Unionsbürger de facto gezwungen sähe, das Gebiet der Union zu verlassen, und ihm dadurch der tatsächliche Genuss des Kernbestandes der Rechte verwehrt würde. Ob aber ein Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sei Gegenstand einer konkreten Prüfung im Einzelfall. Während bei einem Erwachsenen ein solches Abhängigkeitsverhältnis regelmäßig nur in außergewöhnlichen Fällen anzunehmen sei, gebiete es bei Minderjährigen das Kindeswohl, eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung von Alter, körperlicher und emotionaler Entwicklung, Grad der affektiven Bindung und dem Risiko des Verlustes des inneren Gleichgewichtes vorzunehmen. Da-gegen seien die bloße Tatsache des Zusammenlebens oder eine biologische oder rechtliche Verbin-dung keine geeigneten Kriterien für die Annahme eines spezifischen Abhängigkeitsverhältnisses.
Das Urteil finden Sie unter:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-3
DP
KOM/Zukunft der EU:
Im Anschluss an den im März 2017 von der EU-Kommission gestarteten Weißbuchprozess zur Zukunft der Europäischen Union soll es auch EU-Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht werden, sich aktiv an der Zukunftsdebatte zu beteiligen. Bis zur Europawahl im nächsten Jahr sollen zusätzlich zu den bestehenden Bürgerdialogen zusätzlich weitere 500 Veranstaltungen stattfinden. Außerdem wurde ein Online-Fragebogen erstellt, in welchem Bürgerinnen und Bürger zu ihren Vorstellungen über Europas Zukunft befragt werden. Dieser Fragebogen kann seit dem 09. Mai 2018 und bis zum 09. Mai 2019, dem EU-Gipfel in Sibiu, beantwortet werden. Im Dezember 2018 wird die Kommission diesbezüglich einen Zwischenbericht vorlegen. Beim EU-Gipfel soll dann der Abschlussbericht zum gesamten Weißbuchprozess vorgestellt werden.
Den Fragebogen finden Sie hier:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-4
IK
EUGH/Schlachtungen:
Der EuGH musste sich nach Vorlage durch ein belgisches Gericht in der Rechtssache C-426/16 mit der Frage befassen, ob die Vorgaben für rituelle Schlachtungen in Art. 4 Abs. 4 und Art. 2 lit. k) der Verordnung Nr. 1099/2009 mit der Religionsfreiheit Art. 10 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta (GRC) vereinbar sind. Nach dem als Privilegierung ausgestalteten Art. 4 Abs. 4 der Verordnung dürfen Schlachtungen ohne Betäubung in zugelassenen Schlachthöfen durchgeführt werden, nicht aber in temporären Schlachtstätten. Das Gericht urteilte am 29. Mai 2018, die Religionsfreiheit aus Art. 10 Abs. 1 GRC umfasse die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung öffentlich oder privat durch Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen. Dies erfasse auch das betäubungslose Schlachten eines Tieres im Rahmen des Opferfestes. Die Verpflichtung, rituelle Schlachtungen in zuge-lassenen Schlachthöfen durchzuführen, stelle keinen Eingriff in die Religionsfreiheit dar, da es sich lediglich um organisatorische und technische Vorga-ben handele, die allgemein und unterschiedslos gälten. Diese Vorgaben gewährleisteten in nicht-diskriminierender Weise, dass die Religionsfreiheit während des Opferfestes effektiv gewahrt werde.
Das Urteil finden Sie hier:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-5
DP
KOM/Friedensfazilität:
Am 13. Juni 2018 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Europäische Friedensfazilität (EFF) vorgelegt. Sie soll ein Budget von 10,5 Milliarden € umfassen und militärische Missionen und Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), Friedensmissionen von Partnern und weitere Unterstützung im Bereich Militär und Verteidigung finanzieren. Da Art. 41 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union die Finanzierung von Aufwendungen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Auswirkungen verbietet, ist die EFF außerhalb des langfristigen Haushaltsplanes angesiedelt und soll die EU in die Lage versetzen, Konflikte zu verhüten, Frieden zu konsolidieren und internationale Sicherheit zu gewährleisten. Die siebenjährige Laufzeit ist an den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen angelegt. Die EFF wird sich aus Beiträgen der Mitgliedstaaten basierend auf dem Bruttonationaleinkommen speisen. Die Entschei-dung liegt dementsprechend bei den Mitgliedstaaten und soll auf Vorschlag der Hohen Vertreterin erfolgen. Es ist Einstimmigkeit erforderlich.
Weitere Informationen finden Sie hier:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-6
JE
EP/Rat/GEAS:
Das Europäische Parlament und der Rat haben am 14. Juni 2018 eine Einigung zu den Vorschlägen zur Asylanerkennung (COM (2016) 466) und den Aufnahmebedingungen (COM (2016) 465) erzielt. Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen besteht Übereinstimmung, dass Asylsuchende bereits sechs Monate – statt wie bisher neun Monate – nach ihrem Asylantrag eine Arbeitserlaubnis erhalten sollen. Ab dem ersten Tag soll ein Anspruch auf einen Sprachkurs und Gesundheitsversorgung bestehen. Zudem sollen Kinder spätestens zwei Monate nach Ankunft in das nationale Schulsystem integriert werden und unbegleitete Minderjährige direkt bei Ankunft in der EU eine Betreuungsperson zur Seite gestellt bekommen. Die Aufenthaltsgenehmigungen für anerkannte Flüchtlinge sollen mindestens drei Jahre und für subsidiär Geschützte mindestens ein Jahr (mit möglicher Verlängerung für mindestens zwei Jahre) betragen. Die Einigung steht allerdings unter dem Vorbehalt der Verständigung über das gesamte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), die weiterhin stockt.
KH
EP/Sanktionen für Flüchtlingshilfe:
Das Europäische Parlament stellt sich in einem Entschließungsantrag vom 5. Juli 2018 gegen die Kriminalisierung humanitärer Hilfe. Er bezieht sich auf die Richtlinie zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (2002/90/EG). Die bestehenden Regeln würden von einigen Mitgliedstaaten häufig zur Bestrafung humanitärer Hilfsaktionen missbraucht. Dementsprechend fordern sie die Europäische Kommission zur Klarstellung auf. Mehrere Parlamentarier nahmen in der Debatte auch Bezug auf das kürzlich in Ungarn verabschiedete Gesetz zur Strafbarkeit von Flüchtlingshilfe.
Den Antrag finden Sie unter:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-7
KH
KOM/ Hilfe für den Iran:
Die Kommission hat am 23. August 2018 ein Hilfspaket im Umfang von 18 Mio. € für Projekte zur Unterstützung einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Iran angenommen, darunter 8 Mio. € Hilfe für den Privatsektor. Dazu zählen z.B. Maßnahmen zur Unterstützung von iranischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit hohem Potenzial.
Die Europäische Kommission verdeutlicht damit, dass sie gewillt ist, die Zusammenarbeit mit dem Iran nach dem Abschluss des Nuklearabkommens von 2015 fortzusetzen und trotz des einseitigen
Rückzugs der USA darauf setzt, dass auch der Iran an seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen festhält.
Die beschlossenen Projekte sind Teil eines Pakets für den Iran, mit dem das Land bei der Bewältigung der wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen mit insgesamt 50 Mio. € unterstützt werden soll.
Die Pressemitteilung der Kommission finden Sie hier:
http://bit.ly/ekd-NL-158_KM-8
KH