Europa - Informationen Nr. 158
Auf zu neuen Horizonten: Entwurf der Europäischen Kommission zu „Horizont Europa“
Susanne Wander (Beraterin für EU-Förderpolitik und -projekte)
Die Europäische Kommission hat am 7. Juni 2018 ihren Entwurf für „Horizont Europa“, das Nachfolgeprogramm des Forschungsförderprogramms „Horizont 2020“, vorgelegt. Ziel des Programms ist es, die Schaffung und Verbreitung von hochqualitativem Wissen und Technologie und die Einführung von innovativen Lösungen in Industrie und Gesellschaft zu unterstützen um globale Herausforderungen anzugehen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Im Vergleich zum bisherigen Forschungsförderprogramm sind die Ansprüche hoch: der Verordnungsvorschlag sieht eine deutliche Aufstockung des Budgets um 17,1 Mrd. € auf ein Gesamtbudget von 94 Mrd. € vor. Damit stellt „Horizont Europa“ das bisher ehrgeizigste Förderprogramm für Forschung und Innovation dar.
Mit Blick auf die thematischen Schwerpunkte stellt „Horizont Europa“ weitestgehend eine Fortführung des bisherigen Programms dar. So sollen der Europäische Forschungsrat, die sogenannten „Marie Skłodowska-Curie Maßnahmen“ zur Aufnahme von Gastwissenschaftlern für eine Dauer von 12 bis 24 Monaten und die Forschungsinfrastrukturen weitergeführt werden. Globale, gesellschaftliche Herausforderungen und somit auch nicht-technologische Innovationen sollen ebenfalls weiterhin im Fokus der Förderung stehen, wie zum Beispiel Veränderungen im sozialen Bereich und der Erhalt des Kulturerbes. Allerdings sollen Innovation sowie der offene Wissens- und Technologietransfer unter den thematischen Hauptsäulen „Offene Wissenschaft“ und „Offene Innovation“ in stärkerem Maß im Fokus der Förderung stehen. Die Hauptsäule „Offene Innovation“ soll sich vor allem mit der Unterstützung und Finanzierung bahnbrechender Technologien sowie der Vernetzung regionaler und nationaler Innovationsakteure beschäftigen.
Die drei thematischen Hauptsäulen sollen durch einen zusätzlichen Bereich zur Stärkung des Europäischen Forschungsraums ergänzt werden, unter dem auch einige Aktivitätsfelder des bisherigen Einzelziels „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“ untergebracht sind. Diese Eingliederung unter dem neuen Bereich zur Stärkung des Europäischen Forschungsraums stellt somit eine starke Kürzung für dieses bisherige Einzelziel dar, welches einen wichtigen Beitrag für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, insbesondere in Bezug auf verantwortungsbewusste Forschung, Gleichberechtigung sowie Ethik und Forschungsintegrität, leistet. Sowohl von Seiten des Netzwerks der Nationalen Kontaktstellen für „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“ (SiS.net) als auch von Seiten der deutschen Bundesregierung wurde bereits an dieser Kürzung Kritik geübt. Auch aus kirchlicher Sicht sollte darauf hingewirkt werden, dass auch unter „Horizont Europa“ für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft weiterhin ausreichende Mittel zur Verfügung stehen.
Mit der Vorlage des Entwurfs durch die Europäische Kommission hat das Gesetzgebungsverfahren zu „Horizont Europa“ begonnen. Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament werden in den kommenden Monaten dazu verhandeln. Es sind daher noch Änderungen gegenüber dem Kommissionsentwurf zu erwarten.
Den Entwurf der Kommission finden Sie unter:
http://bit.ly/ekd-NL-158_EF-00