Wer sind die Jesiden?
Weltweit soll es schätzungsweise eine Millionen Jesiden geben. Die meisten Jesiden verstehen sich ethnisch als Kurden. Die größte Diaspora-Gemeinde bilden mit bis zu 200.000 die Jesiden in Deutschland.
Die meisten Jesiden verstehen sich ethnisch als Kurden und sprechen den nordirakischen Dialekt Kurmanci. Innerhalb des kurdischen Volkes, das mehrheitlich sunnitische Muslime sind, stellen sie allerdings ein kleine religiöse Minderheit dar. Ihre traditionellen Siedlungsgebiete befinden sich im Nordirak, im Nordosten Syriens, dem Südosten der Türkei und dem West-Iran. Außerdem gibt es Jesiden in Armenien und Georgien, in der Ukraine und in Russland.
Weltweit soll es schätzungsweise eine Millionen Jesiden geben. Die größte Diaspora-Gemeinde bilden mit bis zu 200.000 die Jesiden in Deutschland. Doch auch in den USA, Frankreich, Belgien, Dänemark, Schweden, der Schweiz und Österreich leben heute Jesiden.
Eine einheitliche Schreibweise für die Jesiden gibt es nicht. Manchmal liest man auch Jeziden, Jezidis, Yaziden, Yeziden oder Yezidis. Die in Deutschland lebenden Jesiden gebrauchen mehrheitlich den Begriff Eziden.
Das Jesidentum gilt als eigenständige Religion, ist also keine Abspaltung vom Islam, Christentum oder Judentum. Historisch reichen die Wurzeln des Jesidentums mehr als 4000 Jahre in die alt-iranische Kulturepoche zurück.
Zu den Glaubenselementen gehört die Wallfahrt, die Beschneidung der Jungen, das Fasten, bestimmte Essensvorschriften, tägliche Gebete und auch ein Schöpfungsmythos. Im Zentrum des Glaubens steht Tausi Melek („Engel Pfau“). Nach jesidischem Verständnis ist er Gottes Stellvertreter auf Erden. Das Vorurteil vieler Muslime, die Jesiden würden den Teufel anbeten, rührt von einer falschen Vorstellung vom Wesen Tausi Melek her. Demnach soll er ein „gefallener Engel“ sein, also ein Engel, den Gott aus dem Himmel verbannt hat. Im Islam ist dies die Bezeichnung für den Teufel. Und wer den Teufel anbetet, hat nach islamischer Lesart sein Recht auf Leben verwirkt.
Aus der Geschichte des Jesidentums ist nur wenig Schriftliches überliefert. Nach der islamisch-arabischen Eroberung der Siedlungsgebiete der Jesiden waren sie aufgrund des sich hartnäckig haltenden Vorurteils immer wieder Verfolgungen ausgesetzt. Dabei wurden viele ihrer Schriften zerstört. So konnte der jesidische Glaube zu großen Teilen nur noch mündlich weitergegeben werden. So konnte sich keine formale Theologie ausbilden und auch kein einheitliches Glaubenssystem. Andererseits zeigte sich das Jesidentum offen für andere Religionen und übernahm selbst von jüngeren Religionen wie dem Christentum Elemente. So spielt zum Beispiel Jesus bei ihnen eine Rolle und wird ins Morgengebet der Jesiden eingeschlossen.
Das Verhältnis zwischen Jesiden und Christen im Nahen Osten war über die Jahrhunderte vertrauensvoll. Bis heute gibt es Dörfer in der Niniveh-Ebene, in denen Jesiden und Christen eine gute Nachbarschaft pflegen. Überliefert sind auch Geschichten, in denen Jesiden verfolgten Christen geholfen haben, wie zum Beispiel 1915, als armenische Christen aus Anatolien vor den Jungtürken flohen und von Jesiden im Shingal-Gebirge unter Einsatz ihres Lebens gerettet wurden.
Katja Dorothea Buck