Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel Europa - Informationen Nr. 154

EU-Mittel für militärische Missionen?

Valentin Wendebourg

In seiner Sitzung vom 21. März 2017 hat sich der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments (AFET) mit dem Vorschlag der Kommission zur Änderung des Instruments für Stabilität und Frieden (ISF) befasst und am 31. März 2017 dazu einen Berichtsentwurf vorgelegt. In seinem Berichtsentwurf unterstützt das Parlament - mit einigen kleineren Änderungsanliegen - den Vorschlag der Kommission. Der Franzose Arnaud Danjean (EVP) wurde hierfür zum Berichterstatter ernannt.


Am 5. Juli 2016 hatte die Hohe Vertreterin (HV) der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini einen Vorschlag für eine Änderung der Verordnung (EU) Nr. 230/2014 vom 11. März 2014 des Europäischen Parlaments und des Rates zum ISF vorgelegt. Mithilfe des ISF, das 2014 als Nachfolger des Instruments für Stabilität eingerichtet worden war, unterstützt die EU in Partnerländern Maßnahmen zur Krisenprävention und -reaktion finanziell und logistisch. Das Instrument umfasst für den Zeitraum 2014 bis 2020 ein Budget von 2,338 Milliarden Euro und finanziert damit derzeit ca. 250 Projekte in 70 Ländern. Um militärische Ausbildungs- und Unterstützungsmissionen der EU und ihrer Partner direkt durch den EU-Haushalt zu finanzieren, schlägt Mogherini vor, die Richtlinien des ISF zu erweitern. Angestrebt wird zunächst eine kurzfristige Lösung, indem militärische Ausbildung und Logistik von EU Partnern mithilfe des ISF finanziert werden sollen. Die finanzielle Unterstützung in Drittländern soll die Ausnahme bleiben und an Kriterien gebunden werden, die dem Entwicklungsziel des jeweiligen Landes dienen. Avisiert wird ein Volumen von 2017 bis 2020 von 100 Millionen Euro, die aus dem EU Budget Bereich IV für Europas Rolle in der globalen Welt bereitgestellt werden sollen.
Der entscheidende Passus des Änderungsvorschlages besteht in der ausdrücklichen Möglichkeit der Verwendung der ISF-Mittel für militärische Streitkräfte. So sind mittels des ISF zwar bereits in den vergangenen Jahren Polizeieinheiten u.a. zur Terrorismusbekämpfung mit "nicht-tödlichen" ("non-lethal") Mitteln in Niger, Mali und Kamerun ausgestattet und trainiert worden. Eine militärische Unterstützung mit "nicht-tödlichen" Mitteln wie beispielsweise erforderlicher Kommunikationstechnik war bisher jedoch nicht möglich.


Mogherini hatte schon im April 2015 in einer gemeinsamen Mitteilung mit der Europäischen Kommission kritisiert, dass für eine langfristige sicherheitspolitische Strategie (Capacity Building for Security and Defense - CBSD) und damit verbundener militärischer Missionen der EU keine geeigneten finanziellen Instrumente zur Verfügung stünden. Damit seien wichtige Ziele des außenpolitischen Handelns wie das Schaffen der Bedingungen zur Friedenssicherung oder nachhaltiger Entwicklung in Drittländern nicht zu erreichen.


Im Entwurf einer Stellungnahme zum Änderungsvorschlag (4. April 2017) fordert der Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments bei Annahme der Änderung die strenge Verpflichtung zur Verwendung der ISF Mittel gemäß den 2016 überarbeiteten OECD/DAC-Leitlinien. Bei Abgeordneten der SPD, Linken und Grünen sowie christlichen Friedensorganisationen wie Brot für die Welt und Churches and Peace stößt der Vorschlag der HV teils auf scharfe Kritik, da die Befürchtung besteht, dass die Regel der Finanzierung militärischer EU-Missionen durch die nationalstaatlichen Haushalte ("Athena Mechanismus") nun durch eine Zweckentfremdung des ISF durch eine EU-Finanzierung ersetzt werden soll, obwohl Artikel 209 und 212 der EU-Verträge eine Finanzierung militärischer Interventionen aus den Entwicklungshilfe Instrumenten der EU untersagen. Zudem wird befürchtet, dass die erforderlichen 100 Millionen Euro durch Umschichtung dem Budget der Entwicklungshilfe entnommen werden könnten.


Bis zum 8. Mai 2017 können nun Änderungsanträge zum Berichtsentwurf des AFET eingereicht werden. Die weiteren Beratungen hierüber sollen voraussichtlich in der zweiten Juni Hälfte 2017 stattfinden. Die Abstimmung im Parlament über die Änderung des ISF ist für den 11. September 2017 geplant.

 

Hier finden Sie den Vorschlag der Kommission zur Änderung der ISF Verordnung vom Juli 2016:

http://ekd.be/2ozVP3c

              

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