Europa - Informationen Nr. 159
Sicherheit und Verteidigung-Neuer Schwung für den zivilen Ansatz bei der Krisenbewältigung? – Der Pakt für die zivile GSVP
Eike Wiesner
Die Europäische Union möchte im Bereich der zivilen Sicherheits- und Verteidigungspolitik deutlicher agieren. Auf ihrer Sitzung am 19. November 2018 haben die EU-Außenminister Schlussfolgerungen zur Schaffung eines Pakts für die zivile Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) verabschiedet. Darin legen die Mitgliedstaaten neben strategischen Leitlinien für die Stärkung der zivilen GSVP auch politische Ver-pflichtungen vor, mit denen eine mit mehr und besseren Fähigkeiten ausgestattete GSVP verwirklicht werden soll. Dazu zählen die Entsendung ziviler Krisenbewältigungsmissionen, die Erhöhung des eigenen Beitrags zu zivilen GSVP-Missionen und die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit auf Konfliktsituationen.
Die zivile Komponente hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem festen Bestandteil der GSVP entwickelt. So betreibt die EU derzeit zehn ausschließlich zivile Missionen in Europa, im Nahen Osten und in Afrika. Anders als bei den militärischen Missionen geht es nach Angaben des Europäischen Auswärtigen Dienstes um die Vorbeugung von Konflikten und den Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Reform des Sicherheitssektors, unter anderem durch Hilfe bei der Erstellung von Gesetzestexten sowie Schulungsmaßnahmen für Polizei- und Justizbehörden. Zivile GSVP‑Missionen sollen darüber hinaus einen gewichtigen Beitrag bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus, hybriden Bedrohungen und irregulärer Migration leisten.
Die Schaffung des zivilen Pakts zielt nun darauf ab, Synergien und Anreize für die Mitgliedstaaten zu erzeugen, die Effektivität der zivilen GSVP zu stärken und den neuen Herausforderungen auf internationaler Ebene mit einem gemeinsamen europäischen Ansatz zu begegnen. Für eine wirksame Planung und Durchführung von Krisenreaktionsmaßnahmen seien unter anderem Synergien zwischen den Akteuren ziviler Missionen und Akteuren aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Der komplementäre und integrative Ansatz inkludiert auch die verstärkte Zusammenarbeit mit Akteuren im Bereich Justiz und Inneres.
Im Detail verpflichten sich der Rat und die Mitgliedstaaten zu einer höheren Beteiligung von Personal, Ausrüstung, Ausbildung und Unterstützung bei Übungen sowie in Finanzbeiträgen. In diesem Bereich wird die Beteiligung nationaler Experten bei zivilen GSVP-Missionen erhöht. Die Hohe Vertreterin wird dabei aufgefordert, die Personalverwaltung, insbesondere die Einstellung von Personal zu verbessern und zu beschleunigen. Die Mitgliedstaaten setzen zudem da-rauf, den Zeitrahmen für die operative Beschlussfassung in Bezug auf zivile Missionen zu verringern und in flexibler und effizienter Art und Weise durchzuführen.
Im Falle einer Krisenbewältigungsmission möchte man in der Lage sein, innerhalb von 30 Tagen nach Beschlussfassung zu reagieren. Bis zu 200 Personen sollen dann in jedes Einsatzgebiet entsendet werden und mit der erforderlichen Ausrüstung ausgestattet sein. Menschenrechte und Genderfragen seien in allen zivilen GSVP Missionen einzubeziehen. Insgesamt stößt der Vorstoß des Rates und der Mitgliedstaaten auf ein positives Echo. Die Förderung und die verstärkte Inkorporierung der zivilen Komponente in die GSVP sowie ein effektives Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten bei der Krisenbewältigung werden begrüßt. Deutschland hat bereits angekündigt, ein neues Zentrum für Ziviles Krisenmanagement zu gründen, in dem die Kompetenzen der beson-ders an ziviler GSVP interessierten Mitgliedstaaten gebündelt werden. Kritische Stimmen betonen dagegen, dass es zu keiner Umwidmung der zivilen GSVP hin zu einer Priorisierung im Bereich Migrationskontrollen und Grenzmanagement kommen dürfe. Der Pakt soll spätestens bis zum Frühsommer 2023 verwirklicht werden.
Die Schlussfolgerungen finden Sie in englischer Sprache unter: http://bit.ly/ekd-NL-159_SuV-1