Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

Dreijahresbilanz: Die EU-Jugendgarantie und die Jugendbeschäftigungsinitative

Doris Klingenhagen

Am 4. Oktober 2016 hat die EU-Kommission die Mitteilung "Die Jugendgarantie und die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen" veröffentlicht. Darin zieht sie eine Dreijahresbilanz. Seit 2013 verfolgen die EU und ihre Mitgliedstaaten eine ehrgeizige Strategie zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit. Auf Vorschlag der EU-Kommission haben im April 2013 alle Mitgliedstaaten der Einführung der EU-Jugendgarantie zugestimmt. Dabei handelt es sich um die politische Zusage, dass allen jungen Menschen innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos werden oder die Schule verlassen, eine hochwertige Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder ein hochwertiger Ausbildungs- bzw. Praktikumsplatz angeboten wird. Die Einführung der EU-Jugendgarantie ging einher mit politischen Leitlinien und finanzieller Unterstützung der EU, insbesondere auch in Form der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen ("Youth Employment Initiative", YEI), die EU Mitgliedstaaten und Regionen mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über 25 Prozent besonders fördert. Drei Jahre nach Einführung meldet die EU-Kommission den Erfolg, dass es in der EU 1,4 Millionen weniger arbeitslose Jugendliche gebe. Bis 2015 war die jährliche Jugendarbeitslosigkeitsquote um 3,4 Prozentpunkte auf 20,4 Prozent gesunken, und die Anzahl der Jugendlichen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befanden (Not in Employment Education or Training, NEETs), war um einen Prozentpunkt auf EU-weit durchschnittlich 12 Prozent gesunken. Die Jugendarbeitslosigkeit und die NEET-Quote sind in der EU sehr heterogen. In den meisten Mitgliedsstaaten sind beide Quoten aber rückläufig.


Die EU-Bilanz führt darüber hinaus weitere Erfolgszahlen an, die auf Daten des Jugendgarantie-Indikator Rahmens sowie auf Schätzungen für 2016 basieren: 14 Millionen junge Menschen hätten seit Januar 2014 an Jugendgarantie-Programmen teilgenommen. Ca. 9 Millionen Jugendliche ein sich daran anschließendes Angebot angenommen, größtenteils Arbeitsstellen. Nahezu zwei Drittel der jungen Menschen, die die Jugendgarantie im Jahr 2015 verließen, hätten ein Stellen-, Weiterbildungs-, Praktikums- oder Ausbildungsangebot angenommen. Die Jugendgarantie hat in verschiedenen Mitgliedsstaaten Strukturreformen und Innovationen in der Politikgestaltung angestoßen. Das lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass die EU-Jugendgarantie in der Kürze ihrer bisherigen Existenz Wirkung entfaltet.


Die auf den ersten Blick beeindruckenden Zahlen dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die EU-Jugendarbeitslosigkeits-Quote der 15 bis 24-Jährigen mit 20,4 Prozent in 2015 (EU 28) weiterhin auf einem untragbar hohen Niveau geblieben ist. Die allgemeine Arbeitslosenquote liegt im Vergleich dazu bei 8,4 Prozent (EU 28). Damit sind die jungen Menschen weiterhin die Generation, die von der Staatsschulden-, Banken- und Finanzkrise am Schwersten betroffen ist. Die Anstrengungen, die durch die EU-Jugendgarantie angestoßen wurden, müssen also konsequent weiter verfolgt werden und das politische Engagement für die Jugendgarantie darf nicht nachlassen. Dies versichert die EU-Kommission und kündigt an, die Umsetzung der Jugendgarantie und YEI zu beschleunigen und durch folgende Schritte auf eine breitere Basis zu stellen: Strukturreformen und gezielte Maßnahmen müssten noch passgenauer auf die unterschiedlichen Gruppen von NEETs ausgerichtet werden. Informationsarbeit und maßgeschneiderte Lösungen für junge Menschen, denen mehrere Hindernisse den Zugang zum Arbeitsmarkt versperren, sollten beschleunigt werden. Es müssten bessere Mechanismen geschaffen werden, um zu gewährleisten, dass junge Menschen hochwertige Angebote erhalten. Investitionen in Partnerschaften - Vernetzung von Bildungseinrichtungen und Arbeitgebern - und der Ausbau der Kapazität der Arbeitsverwaltungen im Interesse einer besseren Umsetzung der Jugendgarantie müssten verstärkt werden. Die finanzielle Unterstützung, insbesondere durch die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen solle fortgeführt werden. Die finanzielle Untermauerung des Gesamtprozesses EU-Jugendgarantie setzt sich bislang aus verschiedenen Bausteinen zusammen: Die Jugendbeschäftigungsinitiative war mit einem Etat von 6,4 Mrd. Euro für den Zeitraum 2014 - 2018 eingerichtet worden. 2015 wurden davon der Initiative 1 Mrd. Euro mehr an Vorauszahlungen in Form von Barmitteln zur Verfügung gestellt, um Maßnahmen schneller in Gang setzten zu können. Im Programmplanungszeitraum 2014 bis 2020 wurden durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) zusätzlich mindestens 6,3 Mrd. Euro für die europaweite Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt vorgesehen. Auch die Europäische Investitionsbank trägt durch ihre Programme weitere 7 Mrd. Euro (2013 - 2015) für berufsbezogene Fähigkeiten und Ausbildung am Arbeitsplatz sowie Berufsausbildung, Studiendarlehen und Mobilitätsprogramme bei und begünstigte  zwischen Juli 2013 und Dezember 2015 mit 26 Mrd. Euro Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) in der Beschäftigung junger Menschen. Aktuell hat die EU-Kommission beschlossen, die Jugendbeschäftigungsinitiative um 2 Mrd. aus dem EU-Haushalt und dem ESF bis 2020 aufzustocken. Davon profitieren die Länder mit einer Quote von über 25 Prozent Jugendarbeitslosigkeit wie Griechenland mit 49,8 Prozent, Spanien 48,3 Prozent, Italien 40,3 Prozent, Kroatien 43 Prozent, Portugal 32 Prozent und die Slowakei mit 26,5 Prozent.


Am Ende der Dreijahresbilanz kann festgehalten werden, dass die EU Jugendgarantie einen Beitrag zur positiven Trendwende in der EU-Jugendarbeitslosigkeit geleistet hat, auch als Impulsgeber für politische Reformen wirkt und eine Mitgliedstaaten übergreifende Öffentlichkeit für die junge - arbeitslose - Generation in der EU geschaffen hat. Dennoch werden sich ihre tatsächlichen Erfolge wohl erst in einer Zehnjahresbilanz erfassen lassen. Es darf nicht nachgelassen werden junge Menschen, die auf dem Weg zu vollwertigen und gemeinschaftsfähigen Bürgern sind, in ihrem Zugang zu  gerechter Teilhabe und Arbeit - einer elementaren Ausübung ihres Menschseins  - zu unterstützen. Die Bekämpfung der EU-Jugendarbeitslosigkeit ist deshalb für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die aej von besonderer Bedeutung. Sie werden die Entwicklungen weiterhin aufmerksam beobachten und begleiten.

Die Mitteilung der Kommission zur Dreijahresbilanz finden Sie hier: http://ekd.be/Mitteilung_Kommission

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