Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

Europäische Regionalpolitik post-2020 - Vorschau auf die kommenden Verhandlungen

Alessandra Haucke

Wie im vergangenen Jahr wurden auch auf der diesjährigen Konferenz "EU Budget focused on results" vom 27. September die Forderungen nach einem flexibleren und stärker an Resultaten orientierten EU-Haushalt betont. Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Haushalt und Personal, Kristalina Georgieva, hatte dieses Format mit einer ersten Konferenz im letzten Jahr ins Leben gerufen (EKD-Europa Informationen Nr. 150).


Im Fokus der Konferenz standen Änderungen auch für den mehrjährigen EU-Haushalt für den Zeitraum von 2021-2027. Zusammen mit der im September veröffentliche Halbzeitbewertung des aktuellen mehrjährigen EU-Finanzrahmens sowie ersten veröffentlichten Stellungnahmen und Positionen in Bezug auf die zukünftige Regionalpolitik machen deutlich, dass es nun verstärkt in die Verhandlungen um den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt geht. Dieser stellt auch die Weichen für die europäische Regionalpolitik post-2020. Die Verhandlungen sollen 2018 abgeschlossen werden. Für Deutschland spielen in Bezug auf die europäische Regionalpolitik die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) eine wichtige Rolle. Die Mitgliedstaaten der EU haben über diese europäischen Fonds in der Vergangenheit viele lokale Projekte fördern können. In Deutschland haben auch viele kirchliche und diakonische Projekte von diesen Fonds profitiert. Dabei können in der derzeitigen Förderperiode alle EU-Regionen Mittel aus einem oder mehreren Töpfen der Regionalpolitik nutzen. Jedoch erhalten weniger entwickelte Regionen mehr finanzielle Mittel als weiter entwickelte Regionen.


Auf der Konferenz "EU Budget focused on results" wurden die fehlende Effizienz der ESI-Fonds von Professor Clemens Fuest vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München kritisiert. Außerdem würden die Verwaltungsstrukturen der Fonds dazu führen, dass über die Mitgliedstaaten Projekte gefördert werden, die über keinen europäischen Mehrwert verfügten. In ärmeren Mitgliedsstaaten würden finanzielle Mittel der Regional- und Strukturpolitik sehr wahrscheinlich einen europäischen Mehrwert erzeugen. Gleichzeitig gebe es Projektbeispiele in Deutschland, bei denen der europäische Mehrwert nicht ersichtlich sei. So zum Beispiel bei der Umwandlung eines öffentlichen Schwimmbads in ein Bürogebäude.


Der Ausschuss der Regionen, die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU, hat sich in seiner detaillierten Stellungnahme "Vereinfachung der ESI-Fonds aus der Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften" mit den Fonds, den Herausforderungen und ihrer zukünftigen Gestaltung befasst. Zwar steht die Vereinfachung der ESI-Fonds im Fokus der Stellungnahme, zunächst wird jedoch betont, dass die Fonds eine wichtige Aufgabe erfüllten und ihre Fortführung daher wesentlich sei. Die über diese Fonds geförderten Projekte würden es den Bürgern der EU erlauben, eine unmittelbare positive Auswirkung auf ihre Lebensumstände zu erfahren. Dabei sei eine Vereinfachung notwendig um deren Effizienz und Mehrwert zu erhöhen, etwa durch eine Harmonisierung der Förderfähigkeitsregelungen.


Bereits in den Verhandlungen zum aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen wurde die Förderung weiter entwickelter Regionen kritisch diskutiert. Daher nahm die Versammlung der Regionen Europas (Assembly of European Regions; ein unabhängiges Netzwerk der Regionen in Europa) ebenfalls zu diesem Punkt Stellung. 337 Vertreter europäischer Regionen aus 22 Staaten fordern eine Fortführung der Europäischen Kohäsionspolitik für alle Regionen für die Zeit nach 2020. Eine Beschränkung finanzieller Hilfen auf Regionen mit einem geringeren Entwicklungsstand im Verhältnis zu anderen europäischen Regionen lehnten sie ab. Auch hier wurde der positive Einfluss der Kohäsionspolitik auf den Alltag der EU Bürger betont.


Eine Fortführung der Mittel für alle Regionen, eine stärkere Ergebnisorientierung und vereinfachte Verwaltungsstrukturen sind die ersten Positionen und Forderungen der verschiedenen Akteure, die sich bereits abzeichnen. Bis es aber in Jahr 2018 zu einer Entscheidung kommt, ist mit spannenden Verhandlungen zu rechnen.


Projektbeispiele aus Kirche und Diakonie finden Sie unter dem folgenden Link: http://ekd.be/projektbeispiele_kirche_diakonie

Die Stellungnahme des Ausschuss der Regionen finden Sie auf der folgenden Website: http://ekd.be/stellungnahme_ausschuss_regionen

Veranstaltungsdokumentation "EU-Budget focused on results" 2016: http://ekd.be/doku_EU_budget

Assembly of Regions book of signatures: http://ekd.be/assembly_regions

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