Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

Malta will als Ratsvorsitz Brücken bauen

Doris Klingenhagen (Referentin für Bildung und Jugend) / Damian Patting

Mit dem Jahreswechsel übernimmt am 01. Januar 2017 der kleine Inselstaat Malta den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU). Er löst die Slowakei ab, welche die Ratspräsidentschaft von Juli bis Dezember 2016 innehatte. In der halbjährlichen Ratspräsidentschaft will Malta sich nach Aussage des Premierministers Joseph Muscat als "Brückenbauer" engagieren.


Die Fähigkeit Brücken zu bauen, wird vor allem bei dem Schwerpunktthema "Migration" von Nöten sein. Denn die Überarbeitung der auch unter den Mitgliedstaaten umstrittenen Dublin-Verordnung wird ein Schlüsselthema sein. Zudem beabsichtigt die maltesische Ratspräsidentschaft im Bereich Migration eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge zwischen den Mitgliedsstaaten zu erreichen, indem die bereits gefassten Umsiedlungsbeschlüsse umgesetzt werden. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll in eine vollwertige europäische Asylagentur umgewandelt und Fluchtursachen mittels gezielter Investitionen bekämpft werden.


Das Programm der maltesischen Ratspräsidentschaft sieht darüber hinaus die weiteren Prioritäten "Binnenmarkt", "Sicherheit", "soziale Eingliederung", "Europas Nachbarn" und "Maritimes" vor. Mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt plant die maltesische Ratspräsidentschaft - in technischer Hinsicht - insbesondere die Abschaffung der Roaming-Gebühren und die Einrichtung eines unionsweiten, kostenlosen Wi-Fi-Netzes. In ökonomischer Hinsicht geht es der maltesischen Ratspräsidentschaft um eine Verbesserung von Wachstum und Beschäftigung, eine finanzielle und zeitliche Erweiterung der Kapazität des Europäischen Fonds für strategische Investitionen sowie eine Überarbeitung des Energieeffizienzpakets, welches auch Aspekte der Energieversorgungssicherheit in Krisenzeiten berücksichtigt.


Der entschiedenen Kampf gegen Terror und organisierte Kriminalität bleibt Schwerpunkt des Ratsvorsitzes im Bereich "Sicherheit" Dazu bedürfe es des effektiven Datenaustauschs ebenso wie der nationalen Umsetzung der Geldwäschebekämpfungs-Richtlinie. Die interne Sicherheit soll mittels eines EU-Reiseinformations- und Genehmigungsprogramms, dem "European Travel Information System" (ETIAS) für die Einreise aus Drittstaaten in den Schengen-Raum von Nicht-EU-Bürgern, die etwa aufgrund kurzen Aufenthaltes von der Visumspflicht befreit sind, verbessert werden. Ein weiteres Ziel der maltesischen Ratspräsidentschaft ist die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft zur  Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union sowie der Ausbau der für die justizielle Zusammenarbeit in Europa zuständigen Justizbehörde "Eurojust", um die grenzübergreifende Koordinierung der europäischen Strafverfolgungsbehörden zu stärken.


Im Bereich der "sozialen Eingliederung" sollen wesentliche Fortschritte zur Gleichstellung von Mann und Frau erreicht werden. Neben effektiver Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt geht es der maltesischen Ratspräsidentschaft insbesondere um die Einbringung eines Vorschlags zu einer Richtlinie zur Verbesserung des Geschlechterverhältnisses in den Vorständen börsennotierter Unternehmen. Zudem soll es eine Konferenz auf Ministerebene zu LGBTIQ-Themen geben, also zu Fragen, die lesbische, schwule, bisexuelle, "transgender", transsexuelle, intersexuelle und "queere" Menschen betreffen.


Als Schwerpunkte im Jugendbereich wird Malta die Rolle junger Menschen in der Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigung beleuchten. Weiter wird sie für die Implementierung der Ergebnisse der EU-Jugendkonferenz in Kosice/ Slowakei zum Thema Herausforderungen für junge Menschen in einem inklusiven, vielfältigen und vernetzten Europa zu leben, sorgen und für den 5. Zyklus des Strukturierten Dialogs ein neues Thema vorschlagen und vorbereiten. Ein anderer wichtiger Punkt wird die Fortsetzung des Evaluierungsprozesses der laufenden EU-Jugendstrategie (2010 - 2018) sein. Im Bildungsbereich steht zunächst das Thema Inklusion und Vielfalt an. Es soll erarbeitet werden, welche Impulse und Beitrage die formale und non formale Bildung dafür geben kann. Anschließend wird die Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigung weiter entwickelt und besonders am Teil Weiterentwicklung des Europäischen Qualifikationsrahmens gearbeitet.


In der europäischen Nachbarschaftpolitik sind die Vorhaben der maltesischen Ratspräsidentschaft vielfältig. So ist die Stabilisierung des südlichen Nachbarlandes Libyen ein zentrales Anliegen. Zudem soll der Demokratieprozess in Tunesien unterstützt, die  Kooperation zwischen der EU und der Arabischen Liga ausgebaut und im Nahost-Friedensprozess zwischen Israel und Palästina weitere Fortschritte erzielt werden. Weiter östlich seien internationale und europäische Maßnahmen zur Lösung des Syrien-Konfliktes erforderlich. Die Unterstützung der Ukraine müsse ausgebaut werden.


Im Bereich "Maritimes" beabsichtigt die maltesische Ratspräsidentschaft die Etablierung einer EU-Politik zur effektiven Verbesserung der internationalen meerespolitischen "Governance" und der Nachhaltigkeit der Ozeane. Jenseits dieser Prioritäten wird die maltesische Ratspräsidentschaft wohl auch von der Frage nach der Zukunft der EU geprägt sein. Denn im März 2017 werden voraussichtlich nicht nur die Brexit-Verhandlungen beginnen, sondern auch die 60-Jahr-Feier der "Römischen Verträge" stattfinden, mit der ein Reflexionsprozess über die zukünftige Gestaltung der "Europäischen Idee" beginnen soll.  

Die Prioritäten der maltesischen Ratspräsidentschaft finden Sie hier: http://ekd.be/2hll7NH

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