Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

"Migration, Integration and Europäische Werte" - Religionsführer treffen sich in Brüssel

OKR'in Katrin Hatzinger

Auf Einladung des Ersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans kamen am 29. November 2016 europäische geistliche Würdenträger und hochrangige Vertreter der Europäischen Union in Brüssel zum jährlichen Treffen der europäischen Religionsführer zusammen. Timmermans ist in der Juncker-Kommission für den Dialog mit den Kirchen- und Religionsvertretern zuständig. Das diesjährige Treffen stand unter der Überschrift: "Migration, Integration und europäische Werte: Werte in Handeln umsetzen".


Eingangs betonte Frans Timmermanns, dass das Thema hochaktuell sei. Identitätspolitik werde immer wichtiger. Der Kommission sei daran gelegen, dass aus Neuankömmlingen möglichst neue Bürger würden. Für die EKD nahm der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm an dem Treffen teil und unterstrich, dass die Kirchen angesichts der zahlreichen Herausforderungen in Europa Teil der Lösung sein wollten. Er forderte eine vorausschauende und aktive Integrationspolitik in der EU, die den Menschen Perspektiven eröffne. Gleichzeitig sei für gelingende Integration neben dem Spracherwerb, Familiennachzug und der Einbindung in den Arbeitsmarkt auch die Akzeptanz der europäischen Werteordnung unerlässlich. Die Europäer müssten sich in diesem Punkt ebenfalls ihrer selbst vergewissern. "Auch im Lichte der US-Präsidentschaftswahlen sollten wir Europäer keine Scheu vor einer Debatte über unsere gemeinsame europäische Identität haben, einer Identität, die aus Vielfalt, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit lebt.", so der Ratsvorsitzende. Angesichts der fortdauernden Krise des europäischen Zusammenhalts und des Erstarkens von Nationalismen sei es wichtig nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen zu erreichen. Er warb dafür, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften sich stärker als Teil dieses Europas verstehen sollten. Die Kirchen stünden in der Verantwortung auch untereinander über ihre Haltung zu Europa zu diskutieren. Dafür hatte sich auch die EKD-Synode auf ihrer Tagung in Magdeburg ausgesprochen (s. voranstehender Artikel).


Im Hinblick auf die Ängste in Teilen der Gesellschaft vor Überfremdung, Identitätsverlust oder sozialem Abstieg betonte Bedford-Strohm: "Wir verurteilen Hass und Hetze, aber wir verurteilen nie den anderen Menschen. Wir weisen menschenfeindliche Haltungen zurück. Aber wir legen Menschen nie auf sie fest." Man müsse diese Ängste ansprechen und den Menschen nicht vorschnell Etiketten anheften, die einen Dialog unmöglich machten. Er forderte dazu auf, mehr miteinander als übereinander zu reden und mahnte, die Demokratieförderung nicht allein der Politik zu überlassen. Um auf konzertierte Hetzte im Netz zu reagieren, sollten auch Kirchen und Zivilgesellschaft Strategien entwickeln, dieser Hasspropaganda entschiedener entgegentreten zu können.  An dem Treffen, das in offener und anregender Atmosphäre stattfand, nahmen weitere 14 VertreterInnen des Christentums, des Islams und des Judentums teil, ebenso wie VertreterInnen der Mormonen und des Hinduismus. Darunter u.a. der Direktor des Islamischen Forums Penzberg, Imam Benjamin Idriz, die schwedische Erzbischöfin Anje Jackelén, Metropolit Athenagoras und der Brüsseler Chefrabbi Albert Guigui. Dabei wurde mehrfach die Relevanz religiöser Bildung und öffentlichen Religionsunterrichts unterstrichen. Aus den Institutionen waren der Beauftragte der EU für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der EU, Ján Figel anwesend sowie kurzzeitig der Vizepräsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani (EVP). 

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