Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel Europa -Informationen Nr. 156

Umwelt und Energie: EU einigt sich auf Emissionshandelssystem bis 2030

Valentin Wendebourg

Am 22. November 2017 hat der Europäische Rat eine Einigung für die Reform des Emissionshandelssystems (EHS) für die Periode 2021 bis 2030 (siehe EKD Europa-Informationen Nr. 155) gebilligt, auf die sich der estnische Ratsvorsitz und das Europäische Parlament am 9. November 2017 geeinigt hatten.

Um eine gemeinsame Position der EU auf der vom 6.-17. November stattfindenden UN-Klimakonferenz in Bonn präsentieren zu können, hatten sich die Umweltminister der EU-Mitgliedstaaten u.a. auf eine Reform des EHS geeinigt, um diesem zu mehr Wirksamkeit zu verhelfen, um das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel der Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40% bis 2030 zu erreichen.

Zur Reform gehören u.a. die Festlegung einer Reduktion  der Gesamtemissionen um jährlich 2,2% („linearer Reduktionsfaktor“) sowie eine Verdoppelung der Marktstabilitätsreserve bis 2023, um den Überschuss an Zertifikaten zu reduzieren und somit ihren Preis zu steigern.

Beschlossen wurde zudem die Einrichtung eines Modernisierungsfonds aus 2% der Zertifikatserlöse, wodurch die Energieeffizienz und Modernisierung des Energiesektors in Staaten mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP) unterhalb 60% des EU-Durchschnitts finanziert werden sollen. Umstritten war hierbei, ob aus diesem Fonds auch Modernisierungsmaßnahmen für fossile Brennstoffträger finanziert werden dürfen. Aufgrund der derzeit noch bestehenden Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wurde leidglich eine Ausnahme für Staaten mit einem Pro-Kopf-BIP unter 30% des EU-Durchschnitts zur Erzeugung von Fernwärme genehmigt. Darüber hinaus sollen wirtschaftliche Sektoren, bei denen aufgrund des internationalen Wettbewerbs eine Verlagerung von industriellen Anlagen in Länder außerhalb der EU droht („Carbon Leakage“), 30% der gesamten Zertifikatsmenge kostenlos zugeteilt werden.

Während die Sprecherin der estnischen EU-Ratspräsidentschaft Annikky Lamp sowie der Klimakommissar Miguel Arias Canete die Einigung als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Modernisierung des Energiesektors begrüßten, kritisierten Umweltverbände die durch die Ausnahmen immer noch bestehende Möglichkeit der Förderung fossiler Energiegewinnung in EU-Ländern mit niedrigem Pro-Kopf-BIP. Wendel Trio, Direktor des Verbandes europäischer Umweltschutzgruppen („Climate Action Network Europe“) resümierte gar, dass das EHS weiterhin „praktisch bedeutungslos“ bleibe.

Auch wenn die Einigung mit ihren Festlegungen hinter den Forderungen vieler Umweltverbände und der Kirchen, die in einem ökumenischen Schreiben im Dezember 2016 eine Festlegung des Reduktionsfaktors um 2,6% Prozent gefordert hatten, zurückbleibt, so ist zu begrüßen, dass unter dem Druck der UN-Klimakonferenz in Bonn nach langen Verhandlungen nun überhaupt eine Einigung zustande kam.

Auf der Klimakonferenz  verpflichteten sich die EU-Staaten schließlich, eine Zusatzerklärung zum Kyoto-Protokoll („Doha amendment“) zu unterzeichnen, und sich damit auf eine Reduktion der CO² Emissionen um 20% gegenüber 1990 völkerrechtlich zu verpflichten. Darüber hinaus vereinbarten die Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Anpassung an die Erderwärmung an Entwicklungsländer zu zahlen. Zudem gründeten sich verschiedene multilaterale Initiativen u.a. zur Einrichtungen einer Versicherung gegen die Folgen des Klimawandels.

Die zeitgleich zur Klimakonferenz in Bonn tagende EKD-Synode forderte die Bundesregierung explizit auf, sich für eine schnelle Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und die Überprüfung seiner Ergebnisse („Facilitative Dialog 2018“) einzusetzen.

Seit der Ankündigung der USA im Mai 2017, aus dem Pariser Abkommen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auszutreten, haben sich die Initiativen der EU verstärkt, die Umsetzung des Abkommens zu forcieren. Auf Einladung Präsident Macrons, der Weltbank und der UN fand daher am 12. Dezember 2017 der „One Planet“-Gipfel in Paris statt, auf dem sich die Weltbank und zahlreiche internationale Konzerne verpflichteten, auf die Finanzierung bzw. Versicherung fossiler Energiegewinnung  in Zukunft zu verzichten. Gleichzeitig stellte die EU-Kommission eine 10-Punkte-Initiative vor, um Investitionen in eine saubere und nachhaltige Wirtschaft innerhalb der EU, aber auch in den Nachbarregionen wie der Ukraine und in Afrika zu fördern.

Mit dem „One Planet“-Gipfel geht ein Jahr zu Ende, in dem die Einsicht in die Notwendigkeit eines verstärkten Klimaschutzes trotz bzw. wegen der Ankündigung der US-Regierung, das Klimaschutzabkommen zu verlassen, unter europäischen Staaten gewachsen ist, wie u.a. die Initiative Deutschlands, Frankreichs, Schwedens und der Niederlande zur signifikanten Erhöhung der Emissionspreise auf dem „One Planet“-Gipfel zum Ausdruck gebracht hat.

Die Herausforderungen werden nun jedoch in deren konkreter Umsetzung liegen. Die bisherige Weigerung Deutschlands, der von Großbritannien und Kanada auf der Klimakonferenz angestoßenen Initiative zum globalen Kohleausstieg beizutreten, verdeutlicht die Schwierigkeit, die selbst erklärten Klimaziele zu erreichen, ohne beispielsweise den zeitgleichen Atomausstieg zu gefährden. Es wird also weitaus stärkeres politisches wie finanzielles Engagement erforderlich sein, um die gemeinsam als EU in diesem Jahr öffentlich verkündigten klimapolitischen Ziele tatsächlich zu erreichen.

Zur Einigung zur Reform des Emissionshandelssystems vgl. die Pressemitteilung des Rates: http://www.ekd.eu/156-UuE-Link1

Mehr zur 10-Punkte-Initiative finden Sie unter: http://www.ekd.eu/156-UuE-Link2

Die Forderungen der EKD-Synode für den Einsatz gegen den Klimawandel finden sich unter: http://www.ekd.eu/156-UuE-PDF

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